Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des hörgeschädigten Versicherten mit einem bestimmten Hörgerät
Orientierungssatz
1. Der Kostenerstattungsanspruch des § 13 Abs. 3 SGB 5 setzt u. a. voraus, dass die Kostenbelastung des Versicherten wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruht. Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war.
2. Die Versorgung mit einem Hörgerät dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich. Die Leistung muss ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Die Leistung zu einem Festbetrag gilt nur dann als ausreichend, wenn eine sachgerechte Versorgung des Versicherten zu dem festgesetzten Festbetrag möglich ist.
3. Leidet der Versicherte an einer beidseitigen hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit und ist er sowohl privat wie beruflich auf eine hohe Hörgerätequalität angewiesen, so hat er Anspruch auf ein bestmögliches Sprachverstehen i. S. eines bestmöglichen Ausgleichs der Hörminderung. Hierzu zählt u. a. das Hören und Verstehen in größeren Räumen bei störenden Umgebungsgeräuschen.
4. Vermittelt unter der Vielzahl der auf dem Markt vorhandenen Hörgeräte ein ganz bestimmtes Gerät ein gutes und präzises Sprachverstehen, und zwar sowohl beim Telefonieren, in Situationen mit mehreren Gesprächspartnern als auch in der beruflichen Tätigkeit, so hat der Versicherte Anspruch auf eine solche Optimalversorgung.
Tenor
Die Beklagte wird unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom 15.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2014 verurteilt, den Kläger von der mit Rechnung vom 16.06.2014 geltend gemachten Forderung der Firma C. GmbH & Co. KG für die Versorgung mit dem Hörgerät "Phonak Naida Q 70SP" im Umfang von 2.886,00 EUR freizustellen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die nach Abzug der vom Versicherten zu leistenden gesetzlichen Zuzahlung verbleibenden, den Festbetrag bzw. Vertragspreis übersteigenden (Mehr-)Kosten für eine beidseitige Hörgeräteversorgung des Klägers in Höhe von 2.886,00 EUR zu übernehmen bzw. den Kläger von der ihm gegenüber durch Rechnung vom 16.06.2014 erhobenen Forderung des versorgenden Hörgeräteakustikunternehmens in entsprechender Höhe frei zu stellen hat.
Der … geborene Kläger ist ausgebildeter Sozialpädagoge. Er leidet an einer hochgradigen beidseitigen Innenohrschwerhörigkeit. Er ist bei der Beklagten krankenversichert. Von Juli 2007 bis August 2010 war er als Leiter einer Beratungsstelle für Hörgeschädigte tätig; von September 2010 bis Juli 2011 arbeitete er als Schulbegleiter; seit Oktober 2011 ist Casemanager bei einem Dienstleistungsunternehmen für behinderte Menschen. 2007/2008 erhielt der Kläger, der damals noch bei der IKK krankenversichert war, das Hörgerät "Phonak eleva 411", dessen den Festbetrag übersteigende Kosten die Krankenkasse in vollem Höhe übernahm.
Der Kläger wird seit seiner Kindheit von demselben Hörgeräteakustikunternehmen, der Firma C. GmbH & Co. KG betreut, seit 1992 persönlich von dem Hörgeräteakustikmeister P., den das Gericht als Zeugen vernommen hat. Die Firma C. ist Mitglied der Bundesinnung für Hörgeräteakustik (BIHA). Diese hatte mit Wirkung ab 01.11.2013 u.a. mit der Beklagten einen "Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" (im Folgenden: Versorgungsvertrag) abgeschlossen. Der Kläger sucht den Hörgeräteakustikbetrieb in regelmäßigen Abständen - etwa alle zwei bis drei Monate - zwecks Beratung, Information, Kontrolle oder ggf. Reparatur seines Hörgerätes auf. Als sich das Hörvermögen weiter verschlechterte, wandte sich der Kläger im Oktober 2013 zwecks Überprüfung und ggf. Neuversorgung an den Hörgeräteakustiker. Am 04.10.2013 testete er das Hörsystem "Phonak Naida Q 30"; es handelte sich um ein Gerät, dessen Kosten über dem Festbetrag liegen (sog. Zuzahlungsgerät). Am 15.11.2013 erhielt der Kläger zwei Hörsysteme, die er zur Erprobung zu Hause und in beruflicher Umgebung mitnehmen konnte; es handelt sich um das Festbetragsgerät "Audio Service Mezzo 4 HP" und das Zuzahlungsgerät "Phonak Naida Q 70 SP". Am 26.11.2013 verordnete der HNO-Arzt Dr. N. eine Neuversorgung des Klägers mit beidseitigen Hörhilfen mit dem Hinweis, dass das bisher über sechs Jahre getragene Gerät nicht mehr den Anforderungen entspreche. Am 30.12.2013 bescheinigte der HNO-Arzt auf der Rückseite der Verordnung, dass er sich davon überzeugt habe, dass durch die vorgeschlagene Hörhilfe - das Hörsystem "Phonak Naida Q 70 SP" - eine ausreichende Hörverbesserung erzielt werde und das vorgeschlagene Gerät zweckmäßig sei. Der Kläger hatte - ebenfalls auf der Rückseite der ohrenärztlichen Verordnung - den Empfang dieser Hörhilfe am 15.11.2013 bestätigt.
Am 09.01.2014 zeigte die Firma C. die Versorg...