Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der vom Leistungsträger des SGB 12 zu übernehmenden Bestattungskosten
Orientierungssatz
1. Erforderliche Kosten einer Bestattung i. S. von § 74 SGB 12 sind die üblicherweise für eine einfache Bestattung anfallenden Kosten, nicht die Aufwendungen für eine standesgemäße Beerdigung.
2. Bei der Höhe der zu übernehmenden Bestattungskosten ist auf deren Erforderlichkeit und Angemessenheit abzustellen. Erfahrungswerte in vergleichbaren Sozialhilfefällen bilden keinen Vergleichsmaßstab, wenn diese nicht dokumentiert sind.
3. Es ist zulässig, die Erforderlichkeit der Bestattungskosten an einem Pauschalbetrag zu orientieren. Damit verbleibt dem Bestattungsverpflichteten eine Wahlfreiheit bei der Bestimmung von Art und Höhe seiner Bestattungsaufwendungen.
4. Entstandene Inkassokosten sind als erforderliche Kosten der Bestattung vom Leistungsträger zu übernehmen, wenn dieser die Kosten nicht rechtzeitig akzeptiert oder nur darlehensweise oder unter Widerrufsvorbehalt übernommen hat.
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2006 und Abänderung des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2006 verurteilt, der Klägerin weitere Bestattungskosten von 579,50 EUR und Inkassokosten von 262,16 EUR, insgesamt 841,66 EUR zzgl. Tageszinsen von 0,22 EUR seit dem 08.05.2007 zu zahlen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Übernahme weiterer Bestattungskosten in Höhe von 579,50 EUR und in diesem Zusammenhang angefallene Inkassokosten. Die Klägerin bezieht für sich und ihre beiden minderjährigen Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 06.09.2006 verstarb ihr Ehemann. Seine Bestattung wurde durch ein am Wohnort ansässiges Bestattungsunternehmen durchgeführt. Der Verstorbene wurde im Krematorium I. eingeäschert; seine Asche wurde später verstreut. Das Bestattungsunternehmen listete hierfür gegenüber der Klägerin Kosten in Höhe von 2118,50 EUR auf. Am 06.09.2006 überwies die Mutter des Verstorbenen 150,00 EUR auf das Konto der Klägerin. Am 13.09.2006 fand im Hause der Klägerin die Trauerfeier statt. Dabei spendeten die Trauergäste der Klägerin 120,00 EUR. Diesen Betrag und die von der Mutter des Verstorbenen überwiesenen 150,00 EUR setzte die Klägerin im Rahmen der Trauerfeier und der Bestattung ihres Ehemannes zur Begleichung von Kosten ein, die von der Rechnung des Bestattungsunternehmens nicht erfasst sind.
Am 11.09.2006 beantragte die Klägerin die Übernahme der vom Bestattungsunternehmen geltend gemachten Kosten in Höhe von 2118,50 EUR.
Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 12.10.2006 ab unter Hinweis auf andere leistungsfähige und verpflichtete Angehörige.
Dagegen legte die Klägerin am 17.10.2006 Widerspruch ein. Sie teilte mit, dass die weiteren Angehörigen - Mutter, Schwester und Bruder des Verstorbenen - auf Grund ihres Einkommens oder sonstiger Gründe nicht in der Lage bzw. nicht willens seien, die Bestattungskosten zu tragen. Gleichwohl habe ihr die Mutter des Verstorbenen am 10.10.2006 weitere 500,00 EUR überwiesen, die sie sofort zur teilweisen Begleichung der Rechnung des Bestattungsunternehmens eingesetzt habe.
Das Bestattungsunternehmen hatte zwischenzeitlich ein Inkassobüro mit der Eintreibung der Forderung beauftragt. Nach der von der Firma Creditreform erstellten Rechnung vom 09.10.2006 belief sich die Forderung zu diesem Zeitpunkt einschließlich Inkasso-/Nebenforderungen auf 2296,18 EUR.
Durch Widerspruchsbescheid vom 18.12.2006 gab der Beklagte dem Widerspruch teilweise statt. Er verwies nicht mehr auf andere Verpflichtete, sondern erkannte an, dass die Klägerin als Erbin und Ehefrau des Verstorbenen die für seine Bestattung allein Verpflichtete war. Anspruch bestehe jedoch nur auf Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten; dies seien lediglich 1539,00 EUR. Nach Abzug von der Mutter des Verstorbenen zur Verfügung gestellten und zur teilweisen Deckung der Bestattungskosten verwandten 500,00 EUR seien noch 1039,00 EUR aus Mitteln der Sozialhilfe zu übernehmen. Wegen der weitergehenden Forderung wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 10.01.2007 Klage erhoben. Sie hält die in Rechnung gestellten 2118,50 EUR (zuzüglich der inzwischen angelaufenen Inkassokosten) für die erforderlichen Bestattungskosten: Die Kosten für den Sarg (799,00 EUR) seien dadurch begründet, dass wegen des Übergewichts des Verstorbenen (über 170 kg) eine Sonderanfertigung notwendig gewesen sei; auch für die Einbettung und das Verbrauchsmaterial seien wegen des Gewichts des Verstorbenen höhere Kosten angefallen, als sie nun vom Beklagten angesetzt würden; Gleiches gelte für die Kosten der Überführung nach I.; hier sei wegen des Gewichts und der Größe des Verstorbenen ein Spezialfahrzeug nach DIN 75081 erforderlich gewesen; die Kosten für die Formalitäten seien in der angegebenen Höhe tatsächlich entstanden und vom Besta...