Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen aus der Versicherung für Arbeitslose: Voraussetzung der Verhängung einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung. Annahme einer Obliegenheitsverletzung bei fehlerhafter Kenntnis über die Meldepflicht
Orientierungssatz
Eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung kann einem Leistungsbewerber nur dann auferlegt werden, wenn er in zurechenbarer Weise gegen die Obliegenheitspflicht zur frühzeitigen Meldung verstößt. Hat der Leistungsbewerber die Meldepflicht wegen unzureichender Information nicht verstanden, kann ihm diese Unkenntnis nicht als Pflichtverletzung vorgeworfen werden.
Tenor
1. Der Bescheid vom 20.09.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2007 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen auch für die zeit vom 16.08.2007 bis 22.08.2007 zu bewilligen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten.
3. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob im Leistungsbezug des Klägers eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung eingetreten ist.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde mit Kündigungsschreiben vom 01.08.2007 zum 15.08.2007 gekündigt. Der Kläger hat den Erhalt der Kündigung - nach eigenen Angaben etwa drei Tage später - auf dem Kündigungsschreiben unterschriftlich bestätigt. Die Kündigung enthielt als "PS" den Hinweis: "Bitte melden Sie sich unverzüglich bei dem für Sie zuständigen Arbeitsamt".
Der Kläger meldete sich bei der Beklagten am 16.08.2007, dem ersten Tag seiner Arbeitslosigkeit, arbeitslos. Gegen die Entscheidung der Beklagten, in seinem Leistungsbezug den Eintritt einer einwöchigen Sperrzeit wegen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuche (§§ 37 b, 144 Abs. 6 SGB III) festzustellen (Bescheid vom 20.09.2007), wandte sich der Kläger mit dem Widerspruch und gab an, er habe immer Frühschicht gehabt und nicht frei bekommen.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Bescheid vom 02.10.2007). Zur Begründung gab sie an, die Arbeitsuchendmeldung habe innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis der Kündigung zu erfolgen. Der Kläger habe sich deshalb spätestens am 09.08.2007 melden müssen. Selbst wenn er nicht frei bekommen habe, sei jedenfalls eine Vorsprache am Donnerstag, 09.08.2007 bis 17:30 Uhr möglich gewesen.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger vorträgt, er habe sich zum letzten Mal 2003 arbeitslos gemeldet, ebenfalls bei Beginn der Arbeitslosigkeit und das sei seinerzeit richtig gewesen. Er hat - insoweit nicht protokolliert - vorgetragen, er habe den Hinweis des Arbeitgebers gelesen; er verstehe nicht, weshalb man ihm eine Woche vom Arbeitslosengeld wegnehme, denn er habe sich doch gleich bei Beginn der Arbeitslosigkeit gemeldet.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 20.09.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2007 aufzuheben und ihm für die Zeit vom 16.08.2007 bis 22.08.2007 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Berufung zuzulassen.
Sie trägt vor, dass bei Erschöpfung des vorherigen Arbeitslosengeldanspruches des Klägers am 29.07.2004 kein Aufhebungsbescheid erteilt worden sei, so dass auch kein Hinweis auf § 37 b SGB III in der ab 01.07.2003 oder 01.01.2004 geltenden Fassung gegeben worden sei. Für den Fall, dass die Kammer der Klage stattgebe, sei die Berufung zuzulassen, denn es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, ob der Eintritt einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung auch nach der Neufassung des § 37 b SGB III zum 01.05.2007 weiterhin Verschulden auf Seiten des Versicherten voraussetze.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 20.09.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2007 ist rechtswidrig. Dem Kläger steht Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 16.08.2007 bis 22.08.2007 zu.
Hat der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitslose seiner Meldepflicht nach § 37 b SGB III nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung). In diesem Fall beträgt die Sperrzeit eine Woche (§ 144 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 7, Abs. 6 SGB III). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier, denn der Kläger hat sich nicht versicherungswidrig verhalten.
Allerdings sind Personen, deren Arbeitsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen (§ 37 b S. 1 und 2 SGB III). Grundsätzlich traf den Kläger daher eine Meldepflicht. Hätte der Kläger die Kündigung am 3. oder 4. ...