Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilferecht: Gewährung von Eingliederungshilfe bei Behinderung. Kosten für den behindertengerechten Umbau eines Pkw als Eingliederungshilfe

 

Orientierungssatz

Der Anspruch eines Behinderten auf Übernahme der Kosten für den Umbau seines Kfz durch den Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe ist nur gegeben, wenn der Betroffene auf das Fahrzeug angewiesen ist. Für die Annahme eines Angewiesenseins muss die Umbaumaßnahme zur Erreichung der Eingliederungsziele erforderlich sein und die gebotene Mobilität des Betroffenen nicht in anderer Weise sichergestellt sein.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.02.2012; Aktenzeichen B 8 SO 9/10 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Übernahme der Kosten für den behindertengerechten Umbau eines Pkw.

Die 0000 geborene Klägerin leidet an einer schwergradigen körperlichen Behinderung. Sie ist blind, taub und teilweise gelähmt. Sie ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt. Bei ihr liegen überdies die Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche "Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" ("G"), "Außergewöhnliche Gehbehinderungen" ("aG") und "Hilflosigkeit" ("H"), Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht ("RF") und "Blind" ("Bl.") vor. Die Klägerin erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III. Sie arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Zur Arbeit gelangt sie mit einem Behindertenfahrdienst. Die Kosten für die Unterbringung in der Werkstatt sowie die notwendigen Fahrtkosten trägt der Beklagte. Seit Oktober 0000 lebt sie in einer eigenen Wohnung. Davor wohnte sie im Haushalt ihrer Eltern.

Mit Schreiben vom 01.03.0000 (Eingang beim L. I. am 22.03.0000) beantragte die Klägerin, vertreten durch ihre gesetzliche Vertreterin (Mutter) die Übernahme der Kosten für die Umrüstung eines neuen PKW. Sie legte einen Kostenvoranschlag der Firma H. K. über 7.934,76 EUR vor. Zur Begründung führte sie aus, dass ein neuer, größerer PKW angeschafft werden müsse, weil die Klägerin in den alten PKW infolge ihrer Größe und ihres Gewichtes (72 kg bei 180 cm) nicht mehr hineingehoben werden könne. Der neue PKW werde ausschließlich für den Transport der Klägerin benötigt, um diese zu Therapien, Ärzten, Krankenhäusern und Veranstaltungen zu bringen. Am 26.03.0000 ging dieser Antrag beim Beklagten ein. Mit Schreiben vom 01.04.0000 forderte der Beklagte die Klägerin auf, Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen. Dieser Aufforderung kam die Klägerin frühestens Ende April nach. Sie legte Kontoauszüge bis zum 22.04.0000 und eine Rechnung vom 26.04.0000 über den Kauf eines neuen PKW (Typ Volkswagen Shuttle T 5) zum Preis von 25.431,20 EUR vor. Aus der von der Klägerin aufgestellten Vermögensaufstellung ergab sich ein Vermögen in Höhe von 46.508,21 EUR. Dieses setzte sich aus einem Guthaben auf dem Girokonto in Höhe von 24.362,17 EUR, einem Guthaben auf einem Sparkonto in Höhe von 86,48 EUR, Wertpapieren mit einem Wert von 3529,56 EUR, einem zu erwartenden Erlös für den alten PKW in Höhe von 8500,00 EUR und einem Darlehen von Seiten der Eltern der Klägerin in Höhe von 10.000 EUR zusammen. Die Klägerin gab an, dass dieses Vermögen durch den Kauf des PKW in Höhe von 29.815,19 EUR am 29.04.0000 und den im Juni 0000 erfolgenden Kauf eines Gangtrainers in Höhe von 17.980 EUR aufgebraucht sei.

Mit Bescheid vom 17.05.0000 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Klägerin über ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 45.562,59 EUR verfüge. Dem stünden die Kosten für die Anschaffung des PKW laut vorgelegter Rechnung in Höhe von 25.746,20 EUR und die Kosten für den Umbau gemäß vorgelegtem Kostenvoranschlag in Höhe von 7.934,76 EUR, d.h. insgesamt Ausgaben in Höhe von nur 33.680,96 EUR.

Am 07.05.0000 erteilte die Klägerin der Firma "H.-x.C." den Auftrag zum Umbau des PKW zu einem Preis von 10.051,08 EUR.

Zur Begründung ihres mit Schreiben vom 28.05.2004 erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin vor, dass sie am 28.05.0000 nur noch über Vermögen in Höhe von ca. 1500,00 EUR verfüge. Zwischenzeitlich habe sie den PKW bezahlt, ein Darlehen an ihre Mutter zurückgezahlt und eine Anzahlung auf den Gangtrainer geleistet. Die Klägerin legte u.a. ihre Kontoauszüge für die Zeit vom 21.04.0000 bis zum 09.06.0000 , einen durch die Ergänzungsbetreuerin mitunterzeichneten und vom Vormundschaftsgericht genehmigten Darlehnsvertrag vom 23.04.0000 über 10.000,00 EUR zu Gunsten der Klägerin und eine Rechnung der Firma "H.-x.C." vom 28.05.0000 über 10.059,54 EUR vor.

Seit Ende 0000 erhält die Klägerin rückwirkend ab dem 01.04.0000 Leistungen der Grundsicherung und der Hilfe zur Pflege. Im November erfolgte eine Leistungsnachzahlung in Höhe von ca. 16.500,00 EUR. Am 05.10.0000 beantragte die Klägerin erneut die Übernahme der Kosten für den Umbau des PKW. Sie trug vor, dass sie ge...

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