Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Prüfung der Krankenhausabrechnung durch Medizinischen Dienst der Krankenversicherung. Aufwandspauschale. Änderung. BSG-Rechtsprechung. kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

 

Orientierungssatz

1. Sobald der Medizinische Dienst der Krankenversicherung von der Krankenkasse in die Prüfung von Krankenhausabrechnungen einbezogen wird und selbst Daten beim Krankenhaus erhebt, findet § 275 Abs 1c SGB 5 Anwendung.

2. Die Änderung der Rechtsprechung des BSG in diesem Bereich begründet keinen in die Vergangenheit zurückweisenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auf 300,00 EUR festgesetzt.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Erstattung der in einem Krankenhausbehandlungsfall gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gezahlten Aufwandspauschale von 300,00 EUR hat.

Die Beklagte betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelte sie vom 15.06. bis 02.07.2009 eine Versicherte der Klägerin. Die Beklagte übermittelte der Klägerin eine Vergütungsrechnung vom 07.07.2009 nebst den erforderlichen Daten gemäß § 301 SGB V. Die Klägerin beauftragte ihren Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung des Behandlungsfalles. Der MDK zeigte der Beklagten den Prüfauftrag an mit dem Hinweis, die Beklagte habe ihn "mit einer gutachterlichen Stellungnahme zur Kodierung der Prozeduren beauftragt". Der MDK erhob im Rahmen des erteilten Prüfauftrages bei der Beklagten weitere - über diejenigen nach § 301 SGB V hinausgehende - Daten, indem er den Entlassungsbericht, die Pflegedokumentation, die Patientenkurve und den Operationsbericht von der Beklagten anforderte. Die Beklagte übersandte dem MDK diese angeforderten Unterlagen. Die Prüfung des MDK führte nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages. Die Klägerin zahlte der Beklagten nicht nur die in Rechnung gestellte Vergütung, sondern auf deren Rechnung vom 31.12.2012 auch die Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Höhe von 300,00 EUR.

Mit Schreiben vom 30.11.2016 forderte die Klägerin von der Beklagten die gezahlte Aufwandspauschale unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 25.10.2016 (B 1 KR 16/16 R) zurück.

Am 24.12.2016 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 300 EUR erhoben. Sie vertritt die Auffassung, sie habe die Aufwandspauschale rechtsgrundlos gezahlt. Ihr stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung dieser Aufwandspauschale zu, weil es sich um eine sachlich-rechnerische Prüfung gehandelt habe. Sie beruft sich auf vier Urteile des BSG vom 25.10 2016 (B 1 KR 16/16 R, B 1 KR 18/16 R, B 1 KR 19/16 R und B 1 KR 22/16 R). Das BSG habe klargestellt, dass - Kodierprüfungen sachlich-rechnerische Tatbestände darstellen, die nicht § 275 Absatz 1c SGB V unterfallen, - bei sachlich-rechnerischen Prüfungen - mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen - auch dann keine Aufwandspauschalen zu zahlen sind, wenn sich der Rechnungsbetrag nicht mindert, - es dabei nicht darauf ankommt, ob die Kasse im Prüfauftrag an den MDK oder der MDK in der Anforderung von Unterlagen beim Krankenhaus Bezug auf § 275 Absatz 1 oder Absatz 1c SGB V genommen hat, - es sich bei § 275 Absatz 1c Satz 4 SGB V um eine ab dem 1. Januar 2016 geltende gesetzliche Neuregelung handelt, die keinerlei Rückwirkung entfaltet.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 300,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.12.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Rückforderung für unbegründet. Sie ist der Auffassung, alle Beauftragungen des MDK gemäß § 275 SGB V - mit Ausnahme der so genannten sachlich-rechnerischen Prüfung auf der ersten der vom BSG entwickelten Stufen - lösten weiterhin und auch für die Vergangenheit die Zahlung der Aufwandspauschale aus. Sie stützt sich hierzu auf die Urteile der Kammer vom 13.09.2016 (S13 KR 410/15 und S 13 KR 418/15). Es habe eine umfängliche Prüfung des Falles durch den MDK stattgefunden mit dem Ergebnis, dass der Behandlungsfall richtig kodiert worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Erstattung a...

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