Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Posttraumatische Belastungsstörung als Unfallfolge. Anforderungen an den Ursachenzusammenhang
Orientierungssatz
1. Wurden über einen längeren Zeitraum nach einem Unfallereignis (hier 15 Jahre) weder Ängste des Betroffenen noch ähnliche Beeinträchtigungen wie tiefgreifende Verzweiflung, Intrusionen oder Flashbacks dokumentiert, ist ein Ursachenzusammenhang zwischen einer möglichen posttraumatischen Belastungsstörung und einem Unfallereignis nicht anzunehmen.
2. Einzelfall zur Beurteilung des Vorliegens einer posttraumatischen Belastungsstörung als Unfallfolge.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Unfallfolge sowie höhere Verletztenrente.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war auf der Zeche Sophia Jacoba unter Tage als Hauer beschäftigt, als sich am 18.11.1994 ein badewannengroßer Gesteinsbrocken aus der Deckenschicht löste und auf ihn stürzte. Der Durchgangsarztbericht des Arztes für Chirurgie Dr. U. vom 21.11.1994 spricht von einer oberflächlichen Prellmarke im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule mit Klopfschmerzhaftigkeit der unteren Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf eine intra-abdominelle Organverletzung und ohne Hinweis auf eine frische Knochenverletzung. Die Beklagte holte ein Gutachten des Chirurgen Dr. C. vom 30.08.1996 ein, der die aus den Folgen resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 10 vom Hundert (vH) einschätzte. Daraufhin erkannte die Beklagte das Ereignis mit Bescheid vom 06.12.1996 als Arbeitsunfall an und lehnte die Gewährung von Verletztenrente ab. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 06.08.1997) erhob der Kläger unter dem Aktenzeichen S 5 BU 67/97 Klage, die er am 15.01.1998 zurücknahm. Auf einen am 02.02.1999 gestellten Verschlimmerungsantrag hin veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Chirurgen Prof. Dr. I., der die MdE auf 10 vH einschätzte. Mit Bescheid vom 24.08.1999 gewährte die Beklagte dem Kläger vom 01.01. bis 12.06.1995 Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH und lehnte eine Rentengewährung über den 12.06.1995 hinaus ab. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger unter dem Az. S 5 KN 45/00 U Klage. Im gerichtlichen Verfahren wurde ein Gutachten des Orthopäden Dr. S. vom 18.09.2000 sowie ein Gutachten des Chirurgen Dr. I. vom 18.01.2001 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. vom 01.08.2001 eingeholt. Während Dr. S. zu dem Ergebnis gelangte, aus den Unfallfolgen resultiere keine MdE mehr, schätzten Dres. I. und P. die MdE jeweils auf 10 vH ein. Daraufhin nahm der Kläger am 13.12.2001 die Klage zurück. Auf einen vom Kläger am 31.08.2005 gestellten Verschlimmerungsantrag hin holte die Beklagte unter dem 19.04.2006 ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. L. ein, welcher die verbleibende MdE auf unter 10 vH einschätzte. Daraufhin lehnte die Beklagte mit mittlerweile bestandskräftigem Bescheid vom 12.05.2006 eine Rentengewährung erneut ab. Einen vom Kläger am 22.01.2007 gestellten Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 12.05.2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.03.2007 ab. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 19.04.2007) erhob der Kläger unter dem Az. S 1 KN 48/07 U erneut Klage. Im Klageverfahren wurde ein Gutachten des Chirurgen Dr. S. vom 12.02.2008 eingeholt, der die aus den Unfallfolgen verbleibende MdE auf unter 10 vH einschätzte. Der auf Antrag des Klägers gehörte Orthopäde T.-G. kam in seinem unter dem 23.06.2008 erstellten Gutachten zu dem gleichen Ergebnis. Daraufhin nahm der Kläger am 24.07.2008 die Klage zurück. Am 06.05.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Rücknahme der bestandskräftigen Bescheide vom 06.12.1996 sowie vom 24.08.1999. Zur Begründung führte er aus, er habe als Folge des Arbeitsunfalls vom 18.11.1994 eine psychische Störung erlitten. Die Beklagte wertete Berichte der Ärztin für Psychiatrie Dr. N.-C. vom 29.01.2002, des Facharztes für Neurologie Dr. W. vom 17.06.2004 sowie des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. vom 15.04.2003 aus. Weiter zog sie einen Befundbericht und ein Gutachten des sozialmedizinischen Dienstes der Knappschaft vom 26.07.2002 bzw. vom 17.03.2000 bei und wertete einen Befundbericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. vom 15.05.2000 aus. Darüber hinaus holte sie ein Gutachten des psychologischen Psychotherapeuten Prof. Dr. F. vom 21.12.2009 sowie ein neurologisches Zusatzgutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. vom 24.11.2009 ein. Während Dr. T. zu dem Ergebnis gelangte, neurologische Defizite ließen sich bei dem Kläger nicht feststellen, nahm Prof. Dr. F. an, als Folge des Arbeitsunfalls vom 18.11.1994 liege bei dem Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vor. Die hieraus resultierende MdE schätzte er auf 40 vH ein. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten des Facharztes für Nerve...