nicht rechtskräftig

 

Nachgehend

LSG Nordrhein-Westfalen (Aktenzeichen L 13 R 1/05)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 04.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2004 verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.08.2004 ohne Minderung wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Firma S GmbH zum 31.072004 zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten der Klägerin zu erstatten.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Minderung des an sie ausgezahlten Arbeitslosengeldes (Alg) wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin arbeitet zuletzt vom 01.10.2003 bis zum 31.07.2004 als Sozialarbeiterin bei der Firma S GmbH, C als sozialpädagogische Betreuerin in I. Auf ihren Antrag vom 02.08.2004 zahlte die Beklagte ihr (nach Einholung einer Arbeitsbescheinigung) mit Bescheid vom 04.08.2004 Alg ab dem 01.08.2004, stellte jedoch zugleich eine Minderung in Höhe von 1.050,00 Euro fest, da die Klägerin sich 45 Tage zu spät arbeitsuchend gemeldet habe. Ihren am 06.08.2004 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, sie habe dem (ihr aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit bekannten) Erfordernis einer frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung Rechnung getragen und deswegen am 03.05.2004 an der Information der Agentur für Arbeit E vorgesprochen und mitgeteilt, dass sie ab dem 01.08.2004 eine neue Arbeit suche. Die dortige Mitarbeiterin der Beklagten (an deren Namen sich die Klägerin nicht mehr erinnert) habe ihr erklärt, sie werde die Information weitergeben. An das Datum erinnere sie sich deswegen noch genau, da dies ihr Geburtstag gewesen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 19.08.2004 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2004 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ohne Minderung wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zur Firma S GmbH zum 31.07.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten wiederholen und vertiefen ihr bisheriges Vorbringen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind rechtswidrig i. S. von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte durfte den Alg-Anspruch der Klägerin nicht wegen verspäteter Meldung mindern.

Die §§ 37 b Satz 1 und 2, 140 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) sind zu unbestimmt, um die Beklagte zur Minderung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf Alg zu ermächtigen; andere einschlägige Ermächtigungsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

Nach § 140 Satz 1 SGB III mindert sich der Anspruch auf Alg, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37 b SGB III nicht unverzüglich arbeitssuchend gemeldet hat. Nach § 37 b Satz 1 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Gemäß § 37 b Satz 2 SGB III hat die Meldung im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen.

Diese Vorschriften sind keine geeignete Ermächtigungsgrundlage zur Minderung von Alg bei in Zusammenhang mit befristeten Arbeitsverhältnissen. § 37 b Satz 2 SGB III ist in Verbindung mit § 37 b Satz 1 SGB III derart unbestimmt, dass er (wiederum i.V.m. § 140 SGB III) keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für einen Eingriff in den - grundrechtlich geschützten - Anspruch auf Alg darstellt (SG Dortmund, Urteil vom 26.07.2004 - S 33 AL 127/04). Die Vorschrift besagt mithin nicht, dass sich der Alg-Anspruch (nach Maßgabe von § 140 SGB III) mindert, wenn die genannte Frist verstrichen ist und der Versicherte sich nicht arbeitsuchend gemeldet hat. Vielmehr ist § 37 b Satz 2 SGB III bei verfassungsrechtlich gebotener geltungserhaltender Reduktion (vgl. BVerfGE 69, 1, 55 m.w.N.) dahingehend auszulegen, dass er lediglich regelt, ab wann sich ein Versicherter arbeitsuchend melden und somit die Pflicht der Beklagten zur Arbeitsvermittlung nach § 38 Abs. 4 SGB III auslösen kann.

Die §§ 140 Satz 1 i.V.m. 37 b Satz 2 SGB III ordnen eine Minderung des von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) erfassten Anspruchs auf Alg (BVerfG, Beschluss vom 10.02.1987 - 1 Bvl 15/83; ganz h.M.) an. Sie fungieren somit als Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 GG (aus neuerer Zeit etwa SG Aachen, Urteil vom 18.06.2004 - S 8 AL 82/04, SG Frankfurt an der Oder, Beschluss vom 01.04.2004 - S 7 AL 42/04). Aus dem Rechtsstaatsp...

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