Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftsgebühr für Neubescheidungsverfahren

 

Orientierungssatz

Das dem Klageverfahren zeitlich nachfolgende Neubescheidungsverfahren ist ein neues Vorverfahren, in dem auch dem bereits zuvor tätig gewesenen Verfahrensbevollmächtigten die Geschäftsgebühr nach Nr 2400 VV RVG entsteht.

 

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 12.07.2007 verurteilt, die zu erstattenden Kosten des Neubescheidungsverfahrens auf 5.384,72 Euro festzusetzen.

2. Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten und die Kosten des Klägers gesamtschuldnerisch. 3. Streitwert: 3.715,71

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der zu erstattenden Kosten im Neubescheidungsverfahren.

Der Kläger führte einen Rechtsstreit gegen den Beklagten, in dem letzterer rechtskräftig verurteilt wurde, über den Widerspruch der Beigeladenen gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte B vom 22.04.2002 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24.07.2003, S 7 KA 6/02; des LSG NRW vom 03.03.2004, L 10 KA 41/03; Beschluss des Bundessozialgerichts vom 12.10.2005, B 6 KA 47/04 B). Bei einem festgesetzten Streitwert von 310.884,18 Euro tragen ausweislich der Kostenentscheidung der Beklagte und die Beigeladene die Kosten u. a. des Klägers je zur Hälfte.

Nach Abschluss des Klageverfahrens entschied der Beklagte erneut über den Widerspruch der Beigeladenen und wies ihn nunmehr zurück (Beschluss vom 03.11.2004). Nach erneuter Prüfung erweise sich der Widerspruch der Beigeladenen als unbegründet und dem Kläger sei die beantragte Zulassung zu erteilen.

Der Kläger-Bevollmächtigte beantragte unter dem 07.01.2005, beim Beklagten die Festsetzung einer 2,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 ff RVG in Höhe von 4.576,00 Euro, insgesamt zuzüglich Auslagen, Fahrkosten, Abwesenheitsgeld und Mehrwertsteuer (20,- Euro, 28,50 Euro, 17,50 Euro 742,72 Euro) 5.384,72 Euro. Die Beigeladene teilte hierauf unter dem 09.02.2005 mit, sie habe die Zahlung eines gekürzten Betrages in Höhe von 1.669,01 Euro veranlasst, da es sich vorliegend lediglich um ein Neubescheidungsverfahren handele und die mit 2,0 angesetzte Geschäftsgebühr auf 0,6 zu kürzen sei.

Den weitergehenden Kostenfestsetzungsantrag wies der Beklagte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.07.2005 zurück. Die Kläger-Bevollmächtigten seien von Anfang an als Bevollmächtigte des Klägers tätig gewesen. Sie seien deshalb mit dem Sach- und Verfahrensstand bestens vertraut gewesen. Es gelte deshalb der Gebührentatbestand der Nr. 2401 ff RVG, der eine Gebühr von 0,5 bis 1,3 vorsehe. Die anwaltliche Tätigkeit im Neubescheidungsverfahren sei nicht schwierig gewesen. Der Kläger-Bevollmächtigte habe im einzigen eingereichten Schriftsatz vom 29.10.2004 selbst ausgeführt, es sei nach den gerichtlichen Entscheidungen "offensichtlich", dass dem Kläger die beantragte Zulassung zu erteilen sei. Deshalb sei eine Geschäftsgebühr von 0,6 angemessen.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger vorträgt, die Neubescheidung sei ein eigenständiges neues Verfahren. In diesem neuen Verfahren sei der Kläger-Bevollmächtigte erstmals tätig gewesen. Das Zulassungsrecht sei eine Spezialmaterie, das wirtschaftliche Interesse des Klägers erheblich. Es habe eine mündliche Verhandlung mit der Notwendigkeit erneuter Einarbeitung stattgefunden.

Der Kläger beantragt,

den Kostenfestsetzungsbeschluss des Beklagten vom 12.07.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Kosten für das Neubescheidungsverfahren entsprechend dem Kostenfestsetzungsantrag des Klägers vom 07.01.2005 festzusetzen und 3,715,71 Euro nachzuzahlen.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

Beklagter und Beigeladene wiederholen ihren Vortrag aus dem Festsetzungsverfahren.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtswidrig, denn die zu erstattenden Kosten des Neubescheidungsverfahrens sind auf insgesamt 5.384,72 Euro festzusetzen.

Nach § 63 des Zehnten Buch Sozialgesetzbuch hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Dies gilt im Vertragsarztzulassungsrecht entsprechend für den Fall, dass der betroffene Vertragsarzt im Widerspruchsverfahren erfolgreich den Widerspruch eines Dritten, hier der Beigeladenen, abwehrt (Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 11.12.1985, 6 RKa 35/84).

Es liegt eine Kostenentscheidung zugunsten des Klägers vor. Zwar fehlt diese im Beschluss vom 18.04.2002, sie ist jedoch inzident im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.07.2005 enthalten, der dem Kläger volle Erstattung seiner Vorverfahrenskosten zubilligt.

Diese sind antragsgemäß festzusetzen. In Bezug auf die Anwaltskosten ist das RVG anzuwenden, das seit ...

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