Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. Exoskelett. unmittelbarer Behinderungsausgleich
Orientierungssatz
Zum Anspruch eines gesetzlich Versicherten auf Versorgung mit dem Exoskelett "ReWalk Personal 6.0".
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 28.06.2017 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 10.01.2019 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger mit dem Hilfsmittel einer ReWalk-Orthese (computergesteuertes und motorunterstütztes Exoskelett) des Herstellers ReWalk Robotics GmbH ("ReWalk Personal 6.0") mit der Hilfsmittel-Nr. 23.29.01.2001 zu versorgen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Exoskelett-Orthese "ReWalk Personal 6.0" (fortan: Exoskelett ReWalk) als Sachleistung.
Bei dem streitgegenständlichen Exoskelett ReWalk handelt es sich um eine motorbetriebene computergesteuerte Exoskelett-Orthese, die es Menschen mit einer Rückenmarksverletzung mittels einer Bewegungstechnologie für Hüfte und Knie ermöglicht, aufrecht zu stehen und zu gehen. Es ist ein von außen anlegbares, per Klettverschluss zu befestigendes System mit Batterie und Sensoren, das individuell auf Körpergröße, Gewicht und Nutzermerkmale angepasst und eingestellt wird. Die Batterie hat eine Leistungsdauer von 8 bis 10 Stunden und wird in einem kleinen Behältnis an der Hüfte befestigt. Zur Nutzung des Exoskeletts ReWalk werden zusätzlich Unterarmstützen benötigt. Die Bord-Elektronik und Software des Exoskeletts erkennen für den Anwender definierte Parameter und Gangzyklen. Der Anwender nutzt einen feststehenden Stuhl zum Anlegen der Orthese. Die Füße werden auf eine Einlage im Schuh gestellt. Das Sprunggelenk bleibt mittels eines unilateralen Fußhebergelenks, welches am Unterschenkelmodul angebracht ist, beweglich. Der Rumpf wird auf beiden Seiten abgestützt. Die Systemteile sind mit motorisierten Knie- und Hüftgelenken ausgestattet und mittels eines Beckenbügels sind die Seiten miteinander verbunden. Mit Hilfe von Computer und Bewegungssensoren wird das Exoskelett ReWalk durch den Benutzer gesteuert. Motorisierte Beine sorgen für die Bewegung von Knie und Hüfte. Das Exoskelett ReWalk steuert dabei die Bewegungen aufgrund von kleinen Veränderungen des Körperschwerpunkts und imitiert den natürlichen Gang. Eine Vorwärtsneigung des Oberkörpers wird durch das System erkannt und löst den ersten Schritt aus. Ein wiederholtes Vorwärtsneigen des Körpers löst eine Reihe von Schritten aus, die ein natürliches und zügiges Gehen veranlassen. Das Exoskelett ReWalk hat eine CE-Zertifizierung und wird im Hilfsmittelverzeichnis geführt.
Der Kläger ist im Jahr 1999 geboren und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er ist derzeit Student und betätigt sich in seiner Freizeit sportlich aktiv. Er ist 193 cm groß und wog bei Begutachtung am 02.12.2021 68 kg.
Der Kläger erlitt am 18.01.2015 einen Mountainbike-Unfall und zog sich dabei eine Fraktur der Brustwirbelsäule zu mit persistierender traumatischer Querschnittslähmung unterhalb Th 4. Auf Grund dieser Behinderung kann er weder stehen, gehen, aufstehen, noch Treppen steigen. Er ist stets auf einen Rollstuhl angewiesen, um sich darin sitzend fortzubewegen.
Der Kläger ist derzeit mit einem handbetriebenen Rollstuhl, einem Stehtrainer und einem PKW mit Handbetrieb sowie mit einem bedarfsweise anzubringenden Elektroantrieb an seinem Handrollstuhl versorgt. Nach eigenem Vortrag absolviert der Kläger täglich ein Stehtraining und führt regelmäßig ein Handbike-Training zuhause an der eigenen Apparatur als Sport durch. Weiterhin geht der Kläger nach eigenem Vortrag 1-mal pro Woche "CrossFit" nach und geht wöchentlich schwimmen.
Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung der Ärzte N. vom 07.06.2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten das begehrte Exoskelett ReWalk am 20.06.2017. Eine erste Erprobung des Exoskeletts ReWalk durch den Kläger fand am 13.03.2017 statt. Dem Antrag war ein Kostenvoranschlag der rahm Zentrum für Gesundheit GmbH vom 22.06.2017 über 102.078,00 EUR sowie eine von den Ärzten N. ausgefüllte ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 18.11.2016 beigefügt. In dieser ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung geben die Ärzte an, dass bei dem Kläger gemäß den der ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung beigefügten Ein- und Ausschlusskriterien keine Bedenken gegen ein Gangtraining mit dem Exoskelett ReWalk bestünden. Als Kriterien werden u.a. genannt:"2. Gesunde Knochendichte 3. Skelett weist keine Frakturen auf (...) 6. Körpergröße von 160 bis 190cm Abhängig von der Beinlänge: - Unterschenkellänge: 43,5 bis 56 cm, - Oberschenkellänge: 36 bis 48,5 cm". Frage 6 in der ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung, ob der Kläger an unkontrollierten Spasmen, Ashworth ≫ 3 leidet, wurde von den Ärzten bejaht. In dem ebenfalls dem Antrag beiliegenden ärztlichen Befundbericht führen die C. aus, dass sie den Kläger für die Nutzung des Exoskelett ReWalk für geeignet h...