Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfall der Aufwandspauschale zugunsten des Krankenhauses bei ergebnisloser Beauftragung des MDK durch die Krankenkasse

 

Orientierungssatz

1. § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 erlegt den Krankenkassen die Pflicht auf, bei Zweifeln über die Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Ein Zahlungsanspruch entsteht dem Krankenhaus nach Abs. 1c S. 3 dieser Vorschrift nur dann, wenn ihm auf den Prüfauftrag hin ein tatsächlicher Aufwand entstanden ist, der über die Erfüllung der üblichen Mitteilungs- und Abrechnungsobliegenheiten hinaus reicht.

2. Dies gilt sowohl bei bei Auffälligkeitsprüfungen als auch für die Prüfungen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit. Der dem Krankenhaus durch eine derartige Prüfung entstehende besondere Aufwand ist nach § 275 Abs. 1c S. 3 SGB 5 mit einer Pauschale von 300.- €. zu vergüten, wenn die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt.

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 2.700,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 27.12.2016 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auf 2.700,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Restvergütung in Höhe von 2.700,00 EUR für die Behandlung einer Versicherten der Beklagten. Die Beklagte hatte in dieser Höhe einen vermeintlichen Anspruch auf Erstattung der in neun Krankenhausbehandlungsfällen anderer Versicherter der Beklagten gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gezahlten Aufwandspauschalen á 300,00 EUR gegen einen nach Grund und Höhe unstreitigen Vergütungsanspruch aufgerechnet.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelte sie im Jahre 2012 neun Versicherte der Beklagten. Die Beklagte übermittelte der Klägerin für jeden der neun Behandlungsfälle eine Vergütungsrechnung nebst den erforderlichen Daten gemäß § 301 SGB V.

-In allen neun streitbefangenen Fällen beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung des jeweiligen Behandlungsfalles. Der MDK zeigte der Klägerin den jeweiligen Prüfauftrag mit dem Hinweis an, die Klägerin habe ihn mit einer gutachterlichen Stellungnahme zur Korrektheit einzelner Kodierungen beauftragt.

-In allen neun streitbefangenen Fällen erhob der MDK im Rahmen der erteilten Prüfaufträge bei der Klägerin weitere - über diejenigen nach § 301 SGB V hinausgehende - Daten, indem er diverse medizinische Unterlagen von der Beklagten beizog; dies waren - je nach Prüfbedarf - Auszüge aus der Krankenakte, Diagnose- und Prozedurenlisten, der Krankenhausentlassungsbericht, der Operationsbericht, die ärztliche Verlaufsdokumentation, der Pflegeverlaufsbericht, Laborberichte und/oder die Fieberkurve.

-In allen neun streitbefangenen Fällen führte die Prüfung des MDK nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages und zahlte die Beklagte der Klägerin auf deren im Verlauf des Jahres 2012 in jedem der neun Fälle gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V in Rechnung gestellten Aufwandspauschale jeweils 300,00 EUR, insgesamt 2.700,00 EUR.

Vom 28.11. bis 29.11.2016 wurde die bei der Beklagten versicherte Patientin L.-E. im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Dafür forderte die Klägerin mit Rechnung vom 12.12.2016 von der Beklagten eine Vergütung von 3.075,34 EUR. Dieser Vergütungsanspruch ist nach Grund und Höhe unstreitig. Mit neun gleichlautenden Schreiben vom 13.12.2016 vertrat die Beklagte gegenüber der Klägerin die Auffassung, die Aufwandspauschalen in den neun näher bezeichneten Behandlungsfällen im Jahre 2012 seien zu Unrecht gezahlt worden, weshalb ihr ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung dieser Aufwandspauschalen zustehe. Sie meinte, soweit das Krankenhaus dem MDK lediglich im Rahmen der Abklärung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung entsprechend seinen Mitwirkungsobliegenheiten die Behandlungsunterlagen zur Verfügung gestellt habe,

-finde § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V keine Anwendung,

-habe das Krankenhaus keinen Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale, wenn der sachlich-rechnerische Prüfvorgang nicht zu einer Rechnungsminderung führe und

-handele es sich in diesen Fällen nicht um eine Auffälligkeitsprüfung.

Die Beklagte verwies auf die Urteile des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 25.10.2016 (B 1 KR 16/16 R, B 1 KR 18/16 R, B 1 KR 19/16 R und B 1 KR 22/16 R). Sie kündigte an, ihren (vermeintlichen) Erstattungsanspruch (von 2.700,00 EUR) mit dem Vergütungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten L.-E. zu verrechnen und deshalb auf diese Forderung nur 375,34 EUR zu überweisen. So geschah es auch.

Am 18.04.2017 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 2.700 EUR erhoben. Sie vertritt die Auffassung, die Aufrechnung sei unwirksam; sie habe die Aufw...

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