Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale bei von der Krankenkasse veranlasster Abrechnungsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung
Orientierungssatz
1. Nicht jede Beteiligung des Medizinisches Dienstes der Krankenversicherung (MDK) an einer Prüfung der Krankenhausabrechnung führt zur Anwendung des § 275 Abs 1c SGB 5. Ein Zahlungsanspruch nach § 275 Abs 1c S 3 SGB 5 entsteht nur dann, wenn dem Krankenhaus auf den Prüfantrag hin überhaupt ein tatsächlicher Aufwand entstanden ist, der über die Erfüllung der üblichen Mitteilungs- und Abrechnungsobliegenheiten hinausreicht.
2. Sobald der MDK von der Krankenkasse in die Prüfung einbezogen wird und selbst Daten beim Krankenhaus erhebt, findet § 275 Abs 1c SGB 5 Anwendung. Kann der MDK den Prüfauftrag der Krankenkasse nur mit Angaben und Unterlagen des Krankenhauses erfüllen und muss er eine Prüfung mit Außenwirkung auf das Krankenhaus durchführen, so ist der besondere Aufwand des Krankenhauses durch die Pauschale zu entschädigen, falls es nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags kommt.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 3.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 23.12.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Der Streitwert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Restvergütung in Höhe von 3.000,00 EUR für die Behandlung eines Versicherten der Beklagten. Die Beklagte hatte in dieser Höhe einen vermeintlichen Anspruch auf Erstattung der in zehn Krankenhausbehandlungsfällen von neun anderen Versicherten der Beklagten gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gezahlten Aufwandspauschalen á 300,00 EUR gegen einen nach Grund und Höhe unstreitigen Vergütungsanspruch aufgerechnet.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelte sie im Jahre 2011 neun Versicherte der Beklagten, einen davon zweimal. Die Beklagte übermittelte der Klägerin für jeden der zehn Behandlungsfälle eine Vergütungsrechnung nebst den erforderlichen Daten gemäß § 301 SGB V. In allen zehn streitbefangenen Fällen beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung des jeweiligen Behandlungsfalles. Der MDK zeigte der Klägerin den jeweiligen Prüfauftrag mit dem Hinweis an, die Klägerin habe ihn mit einer gutachterlichen Stellungnahme zur Korrektheit einzelner Kodierungen beauftragt. In allen zehn streitbefangenen Fällen erhob der MDK im Rahmen der erteilten Prüfaufträge bei der Klägerin weitere - über diejenigen nach § 301 SGB V hinausgehende - Daten, indem er diverse medizinische Unterlagen von der Beklagten beizog; dies waren - je nach Prüfbedarf - Diagnose- und Prozedurenlisten, der Krankenhausentlassungsbericht, der Operationsbericht, die ärztliche Verlaufsdokumentation, der Pflegeverlaufsbericht, Laborberichte und/oder die Fieberkurve. In allen zehn streitbefangenen Fällen führte die Prüfung des MDK nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages und zahlte die Beklagte der Klägerin auf deren im Verlauf des Jahres 2011 in jedem der zehn Fälle gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V in Rechnung gestellten Aufwandspauschale jeweils 300,00 EUR, insgesamt 3.000,00 EUR.
Vom 12.11. bis 14.11.2015 wurde der bei der Beklagten versicherte Patient S.X. im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Dafür forderte die Klägerin mit Rechnung vom 08.12.2015 von der Beklagten eine Vergütung von 3.028,06 EUR. Dieser Vergütungsanspruch ist nach Grund und Höhe unstreitig. Mit Schreiben vom 15.12.2015 vertrat die Beklagte gegenüber der Klägerin die Auffassung, die Aufwandspauschalen in den zehn näher bezeichneten Behandlungsfällen im Jahre 2011 seien zu Unrecht gezahlt worden, weshalb ihr ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung dieser Aufwandspauschalen zustehe. Sie meinte, soweit das Krankenhaus dem MDK lediglich im Rahmen der Abklärung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung entsprechend seinen Mitwirkungsobliegenheiten die Behandlungsunterlagen zur Verfügung gestellt habe, finde § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V keine Anwendung, habe das Krankenhaus keinen Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale, wenn der sachlich-rechnerische Prüfvorgang nicht zu einer Rechnungsminderung führe und handele es sich in diesen Fällen nicht um eine Auffälligkeitsprüfung. Die Beklagte verwies auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) u.a. im Urteil vom 23.06.2015 (B 1 KR 13/14 R). Sie kündigte an, ihren (vermeintlichen) Erstattungsanspruch (von 3.000,00 EUR) mit dem Vergütungsanspruch aus der Behandlung des Versicherten Wienands zu verrechnen und deshalb auf diese Forderung nur 28,06 EUR zu überweisen. So geschah es auch.
Am 19.04.2017 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 3.000,00 EUR erhoben. Sie vertritt die Auffassung, die Aufrechnung sei unwirksam...