Entscheidungsstichwort (Thema)
Fiktion der Genehmigung einer beantragten des Versicherten bei nicht fristgerechter Bescheidung der Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Bescheidet die Krankenkasse einen vom Versicherten gestellten Leistungsantrag nicht innerhalb der Frist des § 13 Abs. 3a SGB 5, so gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.
2. Die beantragte Leistung muss eine solche betreffen, die der Versicherte für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt. Ein tragbarer Sauerstoffkonzentrator unterfällt als Hilfsmittel der Inhalations- und Atemtherapie der Produktgruppe 14 des Hilfsmittelverzeichnisses.
3. Die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB 5 schließt eine Anwendung des § 45 SGB 10 aus.
Tenor
Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 06.04.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2016 und der Rücknahmebescheid vom 05.10.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2017 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin mit einem tragbaren mobilen Sauerstoffkonzentrator, entsprechend dem Gerät "Inogen One G3 High-Flow" der Fa. OxyCare GmbH zu versorgen.
Die notwendigen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einem tragbarem mobilen Sauerstoffkonzentrator entsprechend dem Gerät "Inogen One G3 High-Flow" der Fa. OxyCare GmbH, des Weiteren über die Rechtmäßigkeit der Rücknahme der - fiktiv gemäß § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) - erteilten Genehmigung dieser Leistung.
Die 0000 geborene Klägerin leidet an einer chronischen obstruktiven Lungenkrankheit (COPD) im Stadium III mit chronisch respiratorischer Insuffizienz und Atemnotsyndrom. Sie ist auf eine Sauerstofftherapie angewiesen und von der Beklagten mit einem stationären Heimsauerstoffgerät versorgt.
Am 15.03.2016 beantragte die Klägerin durch Vorlage einer an diesem Tag bei der Beklagten eingegangenen vertragsärztlichen Verordnung ein transportables Sauerstoffgerät. Ohne ihren Sozialmedizinischen Dienst (SMD) damit zu befassen und von diesem eine Stellungnahme einzuholen, lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten für einen mobilen Sauerstoffkonzentrator durch Bescheid vom 06.04.2016 ab mit der Begründung, das verordnete Mittel sei kein Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen und Richtlinien. Den dagegen am 12.04.2016 erhobenen Widerspruch, den die Klägerin damit begründete, sie benötige einen mobilen Sauerstoffkonzentrator, um weiter am Leben teilnehmen zu können, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 18.10.2016 zurück mit der Begründung, die bereits bestehende Versorgung sei ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich.
Dagegen hat die Klägerin am 10.11.2016 Klage erhoben (S 13 KR 364/16).
Nachdem die Beklagte erkannt hatte, dass bei Erlass und Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides vom 06.04.2016 der Antrag auf einen tragbaren Sauerstoffkonzentrator aufgrund der Regelung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V bereits seit dem 06.04.2016 als fiktiv genehmigt galt, nahm sie - nach Anhörung der Klägerin - die fiktive Genehmigung vom 06.04.2016 über die Versorgung mit einem mobilen Sauerstoffkonzentrator durch Bescheid vom 05.10.2016, gestützt auf § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), mit Wirkung für die Zukunft zurück. Sie vertrat die Auffassung, die fiktive Genehmigung sei rechtswidrig, da sie nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimme. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Versorgung mit einem mobilen Sauerstoffkonzentrator, da diese Versorgung nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V entspreche. Auf ein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der fiktiven Genehmigung könne sich die Klägerin nicht berufen, da ein Leistungsverbrauch oder Vermögensdispositionen nicht vorlägen.
Den hiergegen am 20.10.2016 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 08.02.2017 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 17.02.2017 Klage erhoben (S 13 KR 54/17).
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Gericht die beiden Verfahren durch Beschluss vom 15.03.2017 verbunden.
Die Klägerin trägt vor, für Aufenthalte außerhalb der Wohnung sei sie auf einen zusätzlichen tragbaren Sauerstoffkonzentrator angewiesen. Das Gerät müsse leicht und wie eine Handtasche tragbar sein. Mobile Geräte, die mit Sauerstoffflaschen, die auf einem Caddy transportiert würden, ausgestattet seien, seien für sie zu schwer und unhandlich. Ein so genanntes Homefill-System, bei dem eine kleinere Flasche zum Befüllen an die größere, zuhause befindliche Sauerstoffflasche angeschlossen werden müsse, komme für sie nicht in Betracht, da sie dazu wegen ihrer schmerzhaften Gelenke nicht in der Lage sei. Das Gerät "Inogen One G3 High-Flow" der Fa. OxyCare GmbH sei mit einem Akku versehen und leicht handhabbar, ohne dass Sauerstoffflaschen transportiert werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
die Be...