Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsausschluss der Krankenversicherung zur Behandlung eines Makulaödems mit dem Arzneimittel Avasin. Wirkstoff Bewacizumab -
Orientierungssatz
1. Flüssigkeitsansammlungen in der Netzhaut im Bereich der Makula - sog. Makulaödem - führen zu einer Verschlechterung der Sehfähigkeit und können bis zur Erblindung führen. Bisher gibt es keine ausreichende Datenlage, welche die Wirksamkeit der Behandlung mit dem Arzneimittel Avastin - Wirkstoff Bevacizumab - nachweist.
2. Das Arzneimittel Avastin ist lediglich zugelassen zur Behandlung von Patienten mit metastasierenden Kolon-, Rektum-, Mamma- oder Bronchialkarzinomen. Eine zulassungsüberschreitende Anwendung auf Kosten der Krankenversicherung - sog. off label use - steht u. a. eine bestehende Erfolgsaussicht der gewählten Behandlung voraus, vgl. BSG, Urteile vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 15/07 R und vom 19. März 2002 - B 1 KR 37/00 R.
3. Die Daten- und Studienlage zur Anwendung von Bevacizumab bei Makulaödemen lässt keine wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels Avastin zu.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Am 09.06.2009 beantragte er die Kostenübernahme für die dreimalige intravitreale Injektion von Avastin®. Ausweislich des hierbei vorgelegten Befundberichts des Augenheilkundlers Dr. J.-I. bestanden beim Kläger foveoläre Teleangiektasien der Netzhautmitte. Durch diese Erkrankung sei es zu einer langsamen zunehmenden Sehminderung bekommen. Die Sehschärfe am 09.06.2009 betrug am rechten Augen 0,16 und am linken Auge 0,25. Die Augenhintergrundspiegelung habe zudem ein ausgeprägtes zystoides Makulaödem, also eine Flüssigkeitsansammlung in der zentralen Netzhaut, gezeigt. Deswegen sei der Kläger bereits intravitreal mit Avastin® behandelt worden. Hierbei sei es zu einem gewissen Rückgang des Ödems mit einer Stabilisierung des Visus gekommen. Aufgrund des weiterhin bestehenden Makulaödems empfahl Dr. J.-I., insbesondere aufgrund fehlender Alternativ-Therapien, eine erneute dreimalige intravitreale Avastin®-Behandlung. Dem Antrag beigefügt war ein Kostenvoranschlag für die Behandlung beider Augen. Hierauf war unter anderem vermerkt:
"Die anschließenden Nachuntersuchungen müssen von dem nachbehandelnden Arzt im Rahmen von 2 Wochen als Privatleistungen (GOÄ) abgerechnet werden, da diese Therapie nur im sog. Off-label-use durchgeführt werden kann ( ...)"
Die Beklagte holte daraufhin ein sozialmedizinisches Gutachten durch Dr. N. vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen Nordrhein (MDK Nordrhein) ein. Dieser kam zu der Auffassung, der Kläger leide unter einem zystoiden Makulaödem beidseits bei foveolärer Teleangiektasien. Die begehrte Behandlung mit Avastin® stelle bei dieser Erkrankung eine Verwendung außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs dar. Zwar sei aus medizinischer Sicht nachvollziehbar, dass zur Zeit keine vertragsärztlichen Therapiealternativen zur Verfügung stünden. Gleichwohl seien die die höchstrichterlich aufgestellten Voraussetzungen für die Kostenübernahme eines Medikaments "off-label" nicht erfüllt. So handele sich sich nicht um eine akut lebensbedrohliche Erkrankung. Eine weitere Abnahme der Sehschärfe bis zur Erblindung sei allerdings ebenfalls nicht ausgeschlossen. Es gebe aber auch keine ausreichende Datenlage, die die Wirksamkeit der Behandlung mit Avastin® bei der vorliegenden Indikation nachweise. Zwar deuteten die bisherigen Veröffentlichungen einen gewissen Hoffnungsschimmer für die Behandlung der makulären Teleangiektasien mit dem Wirkstoff Bevacizumab (Avastin®) an, doch sei ein valider Wirksamkeitsnachweis insbesondere auch im Hinblick auf eine längerfristige Visusstabilisierung nicht erbracht worden.
Mit Bescheid vom 13.07.2009 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die beantragte Behandlung mit Avastin® ab. Hiergegen legte der Kläger am 13.08.2009, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die Voraussetzungen für den "Off-label-use" lägen vor, da es sich um eine seltene, die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung handele. Die Beklagte holte daraufhin ein weiteres sozialmedizinisches Gutachten des MDK Nordrhein ein. Frau Dr. T. bestätigte hierin die Auffassung, dass eine Kostenübernahme nicht in Betracht komme. So zeigten Studien, dass die intravitreale Injektion von Avastin® ein fragliches Kosten-Nutzen-Risiko in sich berge. So seien in Studien durchaus erhebliche Nebenwirkungen bekannt geworden. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2010 wurde der Widerspruchs des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, mit der am 17.03.2010 erhobenen Klage. Zur Begründung führt er erneut aus, die Voraussetzungen für die Kostenübernahme seien - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Frage de...