Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Sozialhilfe nach längerer Aufenthaltsdauer. analoge Anwendung des § 2 Abs 1 AsylbLG. Anwendbarkeit des § 44 SGB 10
Orientierungssatz
1. Zur Anwendbarkeit des § 44 SGB 10 auf Leistungen nach dem AsylbLG.
2. Zur Erfüllung der 36-Monats-Frist des § 2 Abs 1 AsylbLG genügt der unmittelbare oder entsprechende Bezug von Leistungen nach dem BSHG bzw dem SGB 12.
Tenor
Der Beklagte wird unter entsprechender Abänderung der Entscheidungen über die Bewilligung von Leistungen nach § 3 AsylbLG für die Monate Oktober 2005 bis März 2006 und Rücknahme des Bescheides vom 12.04.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2007 verpflichtet, den Klägern für die Zeit vom 01.10.2005 bis 30.04.2006 Leistungen nach § 2 AsylbLG entsprechend dem SGB XII zu gewähren. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt der Beklagte. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwendung des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 01.10.2005 bis 30.04.2006.
Die Kläger zu 1) (geb. 00.00.1962), zu 2) (geb. 00.00.1992) und zu 3) (geb.00.00.2000) sind kongolesische Staatsangehörige. Die Klägerin zu 1), die seit Juni 1991 in Deutschland lebt, ist die Mutter der Kläger zu 2) und 3). Die Kläger zu 1) und 2) wären seit 00.00.1997, die Klägerin zu 3) seit ihrer Geburt im Besitz von Aufenthaltsbefugnissen, die regelmäßig verlängert wurden. Seit 2005 sind die Kläger im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen (aus humanitären Gründen) nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die Kläger zu 1) und 2) - vermutlich auch die Klägerin zu 3) - sind HIV-positiv und bedürfen der Dauermedikation, engmaschiger Kontrolluntersuchungen und dementsprechender Krankenbehandlung. Diese Bedingungen sind nach einem Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10.05.2004 im Heimatland der Kläger nicht gegeben.
Von der Stadt L. erhielten die Kläger zu 1) und 2) vom 04.06.1991 (Klägerin zu 1)) bzw. vom 13.11.1992 (Klägerin zu 2)) bis 31.03.1993 und vom 01.07. bis 31.10.1993 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), vom 01.11.1993 bis 31.05.1997 Leistungen nach § 2 AsylbLG in entsprechender Anwendung des BSHG, vom 01.06.1997 bis 31.01.1999 Leistungen nach § 3 AsylbLG, vom 01.02.1999 bis 31.08.2000 Leistungen nach dem BSHG. Von dem Beklagten erhielten alle 3 Kläger vom 01.09.2000 bis 31.12.2004 ebenfalls Leistungen unmittelbar nach dem BSHG.
Durch bestandskräftigen Bescheid vom 20.12.2004 bewilligte der Beklagte den Klägern für Januar 2005 wieder Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG. Diese Leistungen erhielten die Kläger auch für die Monate Februar 2005 bis März 2006 und Mai bis August 2006, jedoch ohne schriftlichen Bewilligungsbescheid. Für die Monate April 2006 und September 2006 bewilligte der Beklagte die Leistungen durch schriftliche, mit Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheide vom 12.04.2006 bzw. 30.08.2006.
Am 19.09.2006 erhoben die Kläger "Widerspruch gegen die Einstufung nach § 3 AsylbLG für die vergangenen 12 Monate"; sie verwiesen auf die schon in der Vergangenheit bezogenen Leistungen durch die Stadt L.
Nach Einholung entsprechender Auskünfte der Stadt L. über den dortigen Leistungsbezug bewilligte der Beklagte den Klägern durch Bescheid vom 04.10.2006 Leistungen ab 01.05.2006 nach § 2 AsylbLG analog dem SGB XII mit der Begründung, unter Einbeziehung der von der Stadt L. bezogenen Leistungen sei am 30.04.2006 die 36-Monats-Frist des § 2 AsylbLG erfüllt.
Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 26.02.2007 zurück: Für den Monat April 2006 sei der Widerspruch unzulässig, da er gegen den entsprechenden Bescheid vom 12.04.2006 nicht innerhalb der dort angegebenen Rechtsbehelfsfrist von einem Monat erhoben worden sei. Soweit für die Monate Oktober 2005 bis März 2006 die Leistungen ohne schriftlichen Verwaltungsakt und ohne formgerechte Rechtsbehelfsbelehrung bewilligt und gezahlt worden seien, gelte für den Widerspruch eine Jahresfrist, die gewahrt sei. Der Widerspruch sei deshalb zulässig, aber unbegründet. Zwar hatten die Kläger unstreitig die Dauer ihres Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Jedoch könne der 36-Monats-Zeitraum für Leistungen nach § 2 AsylbLG analog dem SGB XII nur durch Leistungen nach § 3 AsylbLG erfüllt werden. Die früher bezogenen Leistungen unmittelbar nach dem BSHG bzw. nach § 2 AsylbLG könnten insoweit nicht berücksichtigt werden.
Dagegen haben die Kläger am 02.04.2007 Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, dass die 36-Monats-Frist des § 2 Abs.1 AsylbLG auch durch Zeiten des Bezugs von Leistungen nach dem BSHG bzw. nach § 2 AsylbLG erfüllt werde. Solche Leistungen hatten sie über einen weit längeren Zeitraum erhalten, sodass jedenfalls ab Oktober 2005 die Voraussetzungen für Leistungen nach § 2 AsylbLG analog dem SGB XII erfüllt seien. Soweit der Leistungsbescheid vom 12.04 2006 für den...