Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung bei einem zum Fahrlehrer Auszubildenden während dessen Praktikum

 

Orientierungssatz

1. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind bzw. eine Beschäftigung ausüben, nach § 5 Abs. 3 SGB 6 in der Rentenversicherung versicherungsfrei für die Dauer eines abzuleistenden Praktikums, das in der Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist.

2. Ist ein Praktikum in einer Ausbildungsfahrschule in das Fachstudium zum Fahrlehrer eingebettet, so wird es durch diese Verzahnung Bestandteil des Fachstudiums; dies gilt erst recht dann, wenn der zeitliche Umfang der Ausbildung in der Fachschule höher ist als derjenige in der Ausbildungsfahrschule. Die Arbeitskraft des Auszubildenden wird überwiegend durch das Fachstudium beansprucht.

 

Tenor

Der Bescheid vom 24.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2007 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird endgültig auf 6.081,97 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) bis 6) in der Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2005 und die Nachforderung von Beiträgen.

Die Klägerin, eine anerkannte Ausbildungsfahrschule, bildete im streitigen Zeitraum sechs Fahrlehreranwärter, die Beigeladenen zu 1) bis 6), zur Erlangung der Fahrlehrererlaubnis der Klasse BE aus. Gemäß § 5 Abs. 3 Fahrlehrergesetz (FahrlG) erfolgt die Ausbildung zum Fahrlehrer in mehreren Schritten. Zunächst besucht der Anwärter fünfeinhalb Monate eine amtlich anerkannte Fahrlehrerausbildungsstätte (hier: die staatlich anerkannte Fahrlehrer Fachschule E.) und anschließend - nach bestandener Fachkundeprüfung, mit der eine befristete Fahrlehrererlaubnis erteilt wird - viereinhalb Monate eine Ausbildungsfahrschule (hier: den Betrieb der Klägerin). Die Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule wird während des dritten Monats durch einen einwöchigen Lehrgang in der Fahrlehrerausbildungsstätte unterbrochen. Die Ausbildung endet mit einem weiteren, einwöchigen Lehrgang in der Fahrlehrerausbildungsstätte. Anschließend kann der Anwärter die Fahrlehrerprüfung zum Erhalt einer unbefristeten Fahrlehrererlaubnis ablegen.

Die Klägerin schloss mit den Beigeladenen zu 1) bis 6) Praktikumsverträge, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Die Beigeladenen zu 1) bis 6) absolvierten bei der Klägerin 360 Unterrichtsstunden, aufgeteilt auf 14 Wochenstunden. In dieser Zeit nahmen sie an theoretischem und praktischem Unterricht teil. Sozialversicherungsbeiträge führte die Klägerin nicht ab.

Die Beklagte führte am 15.03.2006 und 17.07.2006 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung gemäß § 28 p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) durch. Mit Bescheid vom 24.07.2006 stellte die Beklagte in der Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2005 die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) bis 6) fest und forderte von der Klägerin sich hieraus ergebende Beiträge in Höhe von 6.081,97 Euro. Sie führte zur Begründung aus, dass Praktikanten nur dann versicherungsfrei seien, wenn sie eine berufspraktische Tätigkeit im Sinne einer in den Betrieb verlagerten schulischen Ausbildung verrichten. Die Tätigkeit in der Fahrschule sei jedoch als integrierter Bestandteil der Berufsausbildung anzusehen und damit kein versicherungsfreies Praktikum. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 14.08.2006 Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass es sich bei der Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule um ein versicherungsfreies Praktikum handele. Die Anwärter seien während der Dauer der Ausbildung als Studierende in der Fahrlehrer Fachschule E. eingeschrieben gewesen. Das zu absolvierende Praktikum sei in der Prüfungsordnung hinsichtlich Inhalts und Dauer vorgeschrieben.

Die Beklagte ermittelte daraufhin bei der Fahrlehrer Fachschule E. den Umfang der Unterrichtsstunden während des fünfeinhalbmonatigen Ausbildungsteils, der mit mindestens 700 angegeben wurde, und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2007 als unbegründet zurück. Bei den Praktika zur Fahrlehrerausbildung stehe die praktische Ausbildung im Vordergrund. Sie habe damit den Charakter einer praktischen Berufsausbildung, so dass Versicherungspflicht bestehe.

Hiergegen richtet sich die am 19.07.2007 erhobene Klage.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 24.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an der Begründung der angefochtenen Entscheidung fest und überreicht eine Stellungnahme des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V., der vom Bestehen von Versicherungspflicht für Fahrlehreranwärter ausgeht.

Die Beigeladenen zu 1) bis 16) stellen keine Anträge.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Geric...

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