Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Übernahme der Kosten für eine Krankenhausbehandlung. Erstattungsanspruch des Krankenhauses als Nothelfer. Umfang des Erstattungsanspruchs
Orientierungssatz
1. Der überörtliche Träger der Sozialhilfe ist im Rahmen seiner Zuständigkeit in Bezug auf Leistungen der Eingliederungshilfe für wesentlich behinderte Menschen nur dann für die Kosten der Behandlung von suchtkranken Menschen zuständig, wenn es sich um eine Behandlungsphase im Rahmen einer länger dauernden Behandlungsmaßnahme der Suchterkrankung handelt. Dagegen besteht keine Pflicht zur Kostenübernahme bei Krankheitszuständen, die lediglich eine mittelbare Folge der Suchterkrankung sind und die auch nicht suchtkranke Menschen erleiden können (hier: Alkoholvergiftung).
2. Allein ein fortgesetzter Drogenmissbrauch und die dazu notwendige Beschaffung von Drogen durch einen Hilfebedürftigen rechtfertigen im Rahmen der Prüfung eines sozialhilferechtlichen Nothelferanspruchs noch nicht die Annahme, dass eine Bedürftigkeit nicht besteht.
3. Einem Krankenhaus als Nothelfer ist vom Sozialhilfeträger für die Notfallbehandlung nur eine tagesbezogene anteilige Vergütung von den als Fallpauschale abgerechneten Aufwendungen zu erstattet. Diese werden dabei lediglich für die Dauer des Eilfalls berechnet.
4. Der Sachleistungsanspruch eines Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger auf Gewährung von Heilbehandlung kann nicht abgetreten werden und ist deshalb auch nicht zur Geltendmachung von Erstattungsansprüchen durch den Hilfebedürftigen auf einen Krankenhausträger übertragbar.
Tenor
Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 06.10.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2017 verurteilt, der Klägerin 367,72 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt ein Sechstel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Im Übrigen haben die Beteiligten einander Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen der Klägerin als Nothelfer für eine stationäre Krankenhausbehandlung vom 29.09. bis 05.10.2016 in Höhe von 2.206,33 EUR.
Die am 02.07.1989 geborene rumänische Staatsangehörige N.E. (im Folgenden: Patientin) wurde vom 29.09. bis 05.10.2016 im Universitätsklinikum der Klägerin behandelt. Nach eigenen gegenüber der Klägerin gemachten Angaben hält sie sich seit mehr als 3 Jahren in Deutschland auf. Sie hat keinen niedergelassenen Hausarzt und keine deutsche Krankenversicherung. Gegenüber der Klägerin gab sie als Anschrift eine solche des "Cafe Plattform" an und teilte mit, dass sie keinen festen Wohnsitz habe. Die Leiterin des "Cafe Plattform" bestätigte der Klägerin gegenüber, dass die Patientin in der Vergangenheit dort über ein Postfach verfügt habe. Weiterhin bestätigte die Leiterin dieser Obdachloseneinrichtung, dass die Patientin obdachlos und einkommenslos sei. U.a. am 17.11.2016 habe die Patientin im "Cafe Plattform" übernachtet. Die Patientin gab an, dass sie gelegentlich bei Bekannten unterkommen könne. Sie müsse dafür keine Miete zahlen und könne dort manchmal duschen und mitessen. Sie verfüge über kein Vermögen.
Am Donnerstag, 29.09.2016 um 23:07 Uhr wurde Patientin mittels Rettungsdienst im Beisein der Polizei in die klägerische Notfallaufnahme eingeliefert. Ausweislich des Entlassungsberichtes der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Klägerin zeigte sich die Patientin massiv erregt und fremdaggressiv, sodass sie mechanisch eingegrenzt werden musste. Da sie sich über einen längeren Zeitraum verbal nicht erreichbar zeigte und fortwährend mit dem Kopf auf das Bett schlug, mussten ihr 10 mg Haloperidol intramuskulär verabreicht werden. Es erfolgte eine Monitorüberwachung der Vitalzeichen. Die anwesenden Polizeibeamten konnten zur Vorgeschichte berichten, dass sie die Patientin in diesem Zustand im Kennedypark aufgefunden haben. Die Patientin war lediglich mit einer Bikinihose und einem Top bekleidet. Die Patientin war im äußeren Erscheinungsbild ungepflegt, hatte mehrere Hämatome sowie massive Schürfwunden. Eine durchgeführte Blutabnahme wies einen Blutalkohol von 2,6 Promille sowie einen positiven Befund bei Cannabinoiden aus. Aufgrund akuter Eigen- sowie Fremdgefährdung bei Realitätsverkennung und akuter Intoxikation wurde die Patientin 5-Punkt-fixiert auf der Rechtsgrundlage des "Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten" (PsychKG) auf die psychiatrische Intensivstation übernommen. Die Patientin musste zunächst 1 zu 1 durch das Pflegepersonal betreut werden. Aufgrund der schweren Alkoholintoxikation wurde eine Überwachung mittels AESB durchgeführt. Die Patientin litt zunächst an einer umfassenden Amnesie bezüglich des Aufnahmetags, welche sich auch im Verlauf des Krankenhausaufenthaltes nur zum Teil zurückbildete. Sie gab an, nur noch zu wissen, dass sie auf einer kleinen Party gewesen sei, im Rahmen derer sie mindestens eine Flasch...