Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsminderungsrente. Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres. Rentenabschlag. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die Kammer schließt sich der Entscheidung der 8. Kammer des SG Aachen vom 9.2.2007 - S 8 R 96/06 = NZS 2007, 322 = NachrDRV HE 2007, 45 - an, wonach auch Erwerbsminderungsrenten, die vor dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen werden, mit einem Abschlag zu versehen sind (Entgegen BSG vom 16.5.2006 - B 4 RA 22/05 R = BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die rückwirkende Neuberechnung der Erwerbsminderungsrente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0.
Die Beklagte bewilligte der am 00.00.1951 geborenen Klägerin auf Grund eines im Verfahren S 11(4) RA 6/04 (Sozialgericht Aachen) angenommenen Anerkenntnisses mit Bescheid vom 14.12.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Zugrundelegung eines Leistungsfalles vom 10.01.2002 ab 01.08.2002 zunächst befristet zum 31.12.2005. Mit Bescheid vom 02.03.2005 erfolgte eine Neuberechnung der Rente. Ab dem 01.01.2006 erhielt die Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Grund des Bescheides vom 13.12.2005. Die Höhe dieser Rente bestimmt die Beklagte nach einem verminderten Zugangsfaktor von 0,940.
Am 28.12.2006 beantragte die Klägerin die Überprüfung der Rentenbescheide und die rückwirkende Neuberechnung der Rente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0. Zur Begründung verwies sie auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.05.2006 - B 4 RA 22/05 R. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02.02.2007 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen einer Rücknahme nach § 44 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch (SGB X) lägen nicht vor, da weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen und die Rente in richtiger Höhe festgestellt worden sei. Die Regelung des § 77 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) werde so verstanden, dass Erwerbsminderungsrenten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet würden, auf die Abschlagshöhe begrenzt seien, die für den Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres gelte. Durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (EM-Reformgesetz) solle insbesondere eine Ausweichreaktion der Versicherten auf eine abschlagsfreie Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verhindert werden. Gleichzeitig sei die Zurechnungszeit nach § 59 SGB VI verlängert worden. Dies führe insbesondere bei einem frühzeitigen Eintritt der Erwerbsminderung zu einer Rentenerhöhung und damit zu einer Kompensation der über die gesamte Bezugsdauer hinzunehmenden Rentenkürzungen auf Grund des geringeren Zugangsfaktors. Dies werde insbesondere in dem maßgeblichen Übergangszeitraum deutlich.
Den hiergegen am 12.02.2007 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 29.03.2007 unter Wiederholung ihrer Ausführungen im Ausgangsbescheid zurück.
Am 25.04.2007 hat die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren Klage erhoben.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 02.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2007 zu verurteilen, ihr unter entsprechender Abänderung des Rentenbescheides vom 14.12.2004 in Gestalt des Bescheides vom 02.03.2005 sowie des Rentenbescheides vom 13.12.2005 ab 01.08.2002 höhere Rente wegen Erwerbsminderung unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid vom 02.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2007 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist.
Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem dieser unanfechtbar geworden ist, nach der hier einzig in Betracht kommenden Variante mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Dies ist nicht der Fall. Die Beklagte hat zu Recht den Antrag auf N...