Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Ermittlung des Sozialhilfebedarfs. Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen bei der Einkommensermittlung
Orientierungssatz
1. Soweit ein Sozialhilfeempfänger nicht auf ein Kfz tatsächlich angewiesen ist, können auch die Ausgaben für eine Kfz-Versicherung bei der Ermittlung des verfügbaren Einkommens nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden.
2. Die Beiträge zu einer Kapitallebensversicherung, die erst mit dem 85. Lebensjahr zur Auszahlung kommt und dabei nicht als Leibrente, sondern als einmaliger Kapitalbetrag gezahlt wird, können bei der Ermittlung des verfügbaren Einkommens nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die einkommensmindernde Berücksichtigung der Beiträge zu einer Kapital bildenden Lebensversicherung (jährlich 600,00 EUR) und einer Kfz-Haftpflichtversicherung (für 2008: 294,24 EUR) in Höhe von insgesamt 894,24 EUR im Rahmen der Sozialhilfeansprüche der Kläger im Bewilligungszeitraum 01.01. bis 31.12.2008.
Die Kläger beziehen von der Beklagten laufende, die Altersruhegelder ergänzende Leistungen der Grundsicherung (GSi) im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), der 0000 geborene Kläger seit 01.01.2006, die 0000 geborene Klägerin seit 01.07.2006. Bei der Ermittlung des Leistungsanspruchs werden die Beiträge zur Hausratversicherung und - im Hinblick auf die Entscheidung des LSG NRW vom 30.10.2008 (L 9 SO 12/06) - auch die Beiträge zur Privathaftpflichtversicherung einkommensmindernd berücksichtigt. Beide Kläger sind als Schwerbehinderte nach einem Grad der Behinderung von 70 mit dem Nachteilsausgleichsmerkmal "G" anerkannt.
Durch Bescheid vom 29.11.2007 bewilligte die Beklagte GSi-Leistungen für den neuen Bewilligungsabschnitt 01.01 bis 31.12.2008.
Dagegen erhoben die Kläger am 09.12.2007 Widerspruch mit der Begründung, der jetzige Bescheid enthalte die gleichen strittigen Punkte wie die früheren Bescheide, weshalb auch gegen den neuen Bescheid Widerspruch eingelegt werden müsse. Sie legten u.a. eine Beitragsrechnung für eine Kfz-Haftpflichtversicherung vor, wonach sich der Haftpflicht-Jahresbeitrag für 2008 auf 294,24 EUR belief.
Durch Änderungsbescheide vom 20.12.2007, 12.01., 19.02., 23.06., 26.06., 13.08. und 27.08.2008 bezüglich des Bewilligungsabschnitts vom 01.01. bis 31.12.2008 änderte die Beklagte die Leistungsbewilligungsentscheidung vom 29.11.2007 wegen veränderter Höhe der Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Hausratversicherung, der Altersrenten und der Sozialhilferegelsätze.
In mehreren Schreiben wiederholten und ergänzten die Kläger ihren Widerspruch. Auf Anfrage der Beklagten zum Umfang des Widerspruchs erklärten sie mit Schreiben vom 02.06.2011, dass "z.Zt. nur noch die Beiträge zur Kfz- und Sterbeversicherung streitig" seien; insofern blieben die Widersprüche ab Januar 2008 aufrechterhalten. Die Kläger fügten eine Kopie des "Versicherungsschein zur Lebensversicherung-Nr. 523870530" über eine Kapital bildende Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall bei der R+V Lebensversicherung AG bei, auf die monatliche Beiträge von 50,00 EUR gezahlt werden. Sie meinten, die Kfz-Haftpflichtbeiträge seien vom Einkommen abzusetzen, da sie gesetzlich vorgeschrieben seien; bei der Kapital bildenden Versicherung handele es sich um "Sterbevorsorge", auch wenn der Begriff "Sterbeversicherung" nicht mehr gebraucht werde.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 09.08.2011 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Versicherung der Klägerin auf den Erlebens- und Todesfall sei keine angemessene Sterbevorsorge, da ihr nicht eine besondere Zweckbestimmung in Richtung auf Bestattung und/oder Grabpflege innewohne, vielmehr die Versicherung im Erlebensfall an die Klägerin als Versicherungsnehmer, im Falle ihres Todes an den Kläger - ihren Ehemann - zur Auszahlung gelange. Die Beiträge zur Kfz.-Haftpflichtversicherung seien nicht absetzbar, weil das Kfz nicht für den Weg zur Arbeit benötigt werde und auch im Hinblick auf das anerkannte Nachteilsausgleichsmerkmal "G" die Möglichkeit der Inanspruchnahme kostenloser Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bestehe.
Dagegen richtet sich die am 30.08.2011 erhobene Klage. Die Kläger sind der Auffassung, der Umstand, dass die Kapital bildende Versicherung auf das "Endalter 85" vereinbart sei, beweise, dass es sich um Sterbevorsorge im Sinne von § 33 SGB XII handele. Die einkommensmindernde Berücksichtigung der Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung würde wider besseres Wissen abgelehnt; eine Verweisung auf den ÖPNV sei angesichts der Fußwege und der Gehbehinderung unzumutbar.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom 29.11.2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 20.12.200,17.01.2008, 19.02.2008, 23.06.2008, 26.06.2008, 13.08.2008 und 27.08.2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom...