Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Krankenhausbehandlung. Eilfall. keine Möglichkeit der Benachrichtigung des örtlich zuständigen Sozialhilfeträgers. Nothelfer. Erstattungen von Aufwendungen Anderer. keine Verzinsung der Forderung

 

Orientierungssatz

1. § 97 Abs 2 S 3 BSHG bzw § 98 Abs 2 S 3 SGB 12 gilt auch und gerade für den Anspruch eines Nothelfers nach § 121 BSHG bzw § 25 SGB 12. Die Regelungen über die Eilfallzuständigkeit bei stationärer Hilfe stellen sicher, dass dem vorläufig eintretenden Träger am Ort der Eilhilfe aus der Vorleistung keine finanziellen Nachteile verbleiben; die aufgewendeten Kosten sind ihm in vollem Umfang zu erstatten (§§ 103 Abs 1, 111 Abs 1 und Abs 2 S 1 BSHG bzw §§ 106 Abs 1, 110 Abs 1 und Abs 2 S 1 SGB 12).

2. § 44 Abs 1 SGB 1 findet nur auf Sozialleistungsansprüche, nicht aber auf Aufwendungsersatzansprüche Dritter Anwendung. Vorschriften des BGB über Verzugs- und Prozesszinsen sind auf öffentlich-rechtliche Forderungen aus dem Bereich des Sozialrechts nicht entsprechend anwendbar.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 08.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2005 verurteilt, der Klägerin 896,08 EUR zu zahlen. Im Übrigen - wegen der Zinsen - wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Erstattung der Aufwendungen für die stationäre Behandlung des Patienten J (J.) am 23. und 24.08.2004 in Höhe von 896,08 EUR.

Die Klägerin betreibt auf dem Gebiet des Beklagten ein zugelassenes Krankenhaus. Dort wurde am 24./25.09.2003 und am 09./10.06.2004 der nicht krankenversicherte, drogenabhängige, sozialhilfebedürftige J. (geboren am 00.00.1976) behandelt. Der Beklagte erstattete jeweils die Aufwendungen der Klägerin für diese Notfall-Krankenhausaufenthalte. J. war bis 23.07.2004 bei dem Beigeladenen gemeldet und hatte von diesem jedenfalls in der Zeit vom 01. bis 16.07.2004 Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten. Vom 24.07. bis 16.08.2004 hielt sich J. in D, Landkreis N-C1, bei der Suchthilfe G GmbH, einer Selbsthilfeorganisation für Drogen- und Alkoholabhängige, auf. Bei seinem Weggang von dort erklärte J., er werde nach E ziehen und beabsichtige, seinen ständigen Wohnsitz unter der Anschrift "B-C2-Str. 000, 00000 E" zu nehmen. J. meldete sich jedoch beim Einwohnermeldeamt des Beklagten unter dieser Anschrift nie an; es gibt diese Adresse überhaupt nicht.

Am 23.08.2004 wurde J. erneut wegen einer Heroinintoxikation als Notfall in das Krankenhaus der Klägerin eingeliefert, wo er bis zum 24.08.2004 stationär behandelt wurde. Sein Verbleib nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ist unbekannt.

Am 02.09.2004 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten des Krankenhausaufenthalts. Am 11.09.2004 legte sie dem Beklagten die Rechnung für die 2-tägige Behandlung über 896,08 EUR vor und bat um Erstattung. Durch Bescheid vom 08.12.2004 lehnte der Beklagte die Übernahme der Kosten des stationären Aufenthaltes des J. vom 23. bis 24.08.2004 ab. Der Beklagte meinte, es bestünden begründete Zweifel hinsichtlich seiner Zuständigkeit; gemäß § 97 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sei der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme habe oder in den 2 Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt habe; somit liege die Zuständigkeit im Bereich der Stadt Berlin bzw. der Stadt Cölbe.

Dagegen legte die Klägerin am 22.12.2004 Widerspruch ein. Sie meinte, J. habe zuletzt vor der Krankenhausbehandlung weder in Cölbe noch in Berlin seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt; deshalb sei für die Krankenhausbehandlung ab 23.08.2004 der tatsächliche Aufenthaltsort maßgebend und liege die Zuständigkeit bei dem Beklagten.

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 07.09.2005 zurück. Er führte aus, dass zwar ein Eilfall vorgelegen habe und die Erstattung der Aufwendungen auch innerhalb angemessener Frist beantragt worden sei; jedoch habe im streitgegenständlichen Zeitraum nicht die örtliche Zuständigkeit des Sozialamtes der Stadt Düren vorgelegen. Vielmehr sei das Sozialamt der Stadt Berlin örtlich zuständig gewesen. Wenn sich aber die einen Anspruch begründenden Tatsachen nicht aufklären ließen, ginge dies zu Lasten desjenigen, der einen Anspruch geltend mache.

Dagegen hat die Klägerin am 05.10.2005 Klage erhoben. Sie meint, dass J. zuletzt vor dem streitigen Krankenhausaufenthalt weder in Berlin, wo er offenbar zuletzt in einem Obdachlosenasylheim gelebt habe, noch in Cölbe, dem Sitz der Suchthilfeorganisation, einen Wohnsitz begründet habe. Sie habe bei allen möglichen in Betracht kommenden Stellen die Erstattung der Aufwendungen begehrt, jedoch nur abschlägige Bescheide erhalten. Es könne im Ergebnis nicht richtig sein, dass der Leistungserbringer nach unstreitig notwendigem stationären Krankenhausaufenthalt von diversen möglicherweiser zahlungspflichtigen Behörden und K...

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