Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwendung des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) anstelle gemäß § 3 AsylbLG erhaltener Leistungen
Orientierungssatz
1.Die Vorbezugszeit des § 2 AsylbLG ist keine Wartefrist, innerhalb der es unerheblich wäre, ob und welche (Sozial-)Leistungen der Ausländer bezogen hat.
2.Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Gesetzgeber durch die Gesetzesänderung zum 28.08.2007 (Verlängerung der Vorbezugszeit auf 48 Monate) die mit der Regelung des § 2 Abs 1 AsylbLG (neben der Integrationskomponente) verbundene Intention, den Bezug von Analog-Leistungen an eine bestimmte Dauer des Vorbezugs von Grundleistungen zu koppeln, aufgeben wollte. Mit der Verlängerung der Vorbezugszeit sollten vielmehr nach der Gesetzesbegründung Leistungsberechtigte des AsylbLG (auch) ermutigt werden, ihren Lebensunterhalt möglichst durch eigene Arbeit und nicht durch Leistungen des Sozialsystems zu sichern.
3.Nach den - im Internet unter www.ukba.homeoffice.gov.uk abrufbaren - Informationen des Homeoffice der Regierung von Großbritannien kann Kindern nichtverheirateter Eltern, deren Vater britisch ist und die im Zeitraum vom 01.01.1983 bis 30.06.2006 außerhalb des Vereinigten Königreichs geboren sind, nur die Mutter eine britische Staatsangehörigkeit weitergeben, sofern sie diese besitzt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwendung des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 01.12.2008 bis 31.07.2009 anstelle der gemäß § 3 AsylbLG erhaltenen Leistungen.
Die Klägerin zu 1) wurde am 00.00.0000 in Nigeria geboren und lebt seit 02.11.1992 in Deutschland. Sie ist die Mutter der am 00.00.0000 geborenen Klägerin zu 2) und deren Halbbruder, des am 00.00.0000 geborenen Klägers zu 3), die beide in Deutschland geboren sind und seitdem hier leben. Alle drei Kläger sind nigerianische Staatsangehörige. Der Vater der Klägerin zu 2) ist britischer Staatsangehöriger und nach Angaben der Kläger zurzeit verschollen; bereits im August 2000 haben er und die Klägerin zu 1) sich getrennt. Die britische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2) ist nicht festgestellt oder geklärt worden. Der Aufenthalt der Klägerin zu 1) ab 02.11.1992 und der Klägerin zu 2) ab deren Geburt war bis 10.05.1999 gestattet bzw. geduldet; aus humanitären Gründen erhielten sie ab 11.05.1999 eine Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 bzw. § 31 Ausländergesetz (AuslG), ab 29.09.1999 eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 35 Abs. 2 bzw. § 21 AuslG; seit Januar 2005 sind sie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Der Aufenthalt des Klägers zu 3) in Deutschland war seit seiner Geburt - abgeleitet vom Recht der Mutter - erlaubt; seit 05.12.2007 ist auch er im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
Ihren Lebensunterhalt in Deutschland bestritten die Klägerin zu 1) ab 02.11.1992 und die Kläger zu 2) und 3) jeweils ab Geburt wie folgt Zeitraum Leistungen 02.11.1992 - 04.11.1996 unbekannt 05.11.1996 - 24.01.1997 Jugendhilfe 25.01.1997 - 31.05.1997 unbekannt 01.06.1997 - 22.11.1997 nach § 3 AsylbLG (vom Beklagten fiktiv anerkannt) 23.11.1997 - 19.08.2000 Unterhalt des Vaters der Klägerin zu 2) 20.08.2000 - 22.08.2000 Sozialhilfe (Frauenhaus) 23.08.2000 - 28.03.2001 Jugendhilfe 29.03.2001 - 31.12.2004 Sozialhilfe nach BSHG 01.01.2005 - 30.11.2008 Grundsicherung nach SGB II Seit 01.12.2008 erhalten sie Leistungen nach § 3 AsylbLG. Die Bewilligung dieser Leistungen erfolgte für Dezember 2008 durch bestandskräftigen Bescheid vom 27.11.2008 für Januar 2009 durch bestandskräftigen Bescheid vom 22.12.2008 für Februar 2009 durch bestandskräftigen Bescheid vom 26.01.2009 für März bis Juni 2009 ohne (schriftlichen) Bescheid für Juli 2009 durch Bescheid vom 22.07.2009.
Am 20.07.2009 beantragten die Kläger gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die "Überprüfung des bestandskräftigen Bescheides v. 27.11.2008 für den Monat Dezember 2008" und erhoben Widerspruch gegen die "Bescheide für die Monate Januar bis Juli 2009". Sie vertraten die Auffassung, sie hätten unter Berücksichtigung der bereits bezogenen Sozialleistungen und des z. T. langjährigen Aufenthalts in Deutschland Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylbLG analog dem SGB XII.
Durch zwei Widerspruchsbescheide vom 13.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 22.12.2008 (für Januar 2009) und 26.01.2009 (für Februar 2009) als unzulässig, weil verfristet zurück. Den Widerspruch gegen die ohne schriftlichen Bewilligungsbescheid erfolgten tatsächlichen Zahlungen für die Monate März bis Juli 2009 wies sie als unbegründet zurück. Die Vorbezugszeit von 48 Monaten, um Leistungen nach § 2 AsylbLG beanspruchen zu können, könne ausschließlich durc...