Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Zuerkennung des Merkzeichens H. Diabetes mellitus eines Heranwachsenden
Orientierungssatz
1. Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens H hat gemäß § 33b Abs. 6 S. 3 EStG derjenige, der infolge von Gesundheitsstörungen nicht nur vorübergehend für eine Reihe häufiger und wiederkehrender Verrichtungen und zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tags fremder Hilfe dauernd bedarf.
2. Erforderlich sind mindestens drei Verrichtungen, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erforderlich machen (BSG Urteil vom 24. 11. 2005, B 9a SB 1/05 R). Der tägliche Zeitaufwand für die Hilfeleistung ist grundsätzlich erst dann erheblich, wenn dieser mindestens zwei Stunden erreicht. Bei einem Bedarf von einer bis zwei Stunden ist das Merkzeichen H zuzuerkennen bei einer hohen Anzahl von Verrichtungen bzw. bei deren ungünstiger zeitlichen Verteilung. Bei Diabetes mellitus ist Hilflosigkeit bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres anzunehmen.
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 06.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2017 verurteilt, den GdB der Klägerin ab dem 24.02.2016 mit 50 zu bewerten sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens H festzustellen.
Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach.
Tatbestand
Am 00.00.2017 stellten die Eltern der am 00.00.2012 geborenen Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag auf Feststellung eines Grades der Behinderung sowie auf Zuerkennung der Merkzeichen B und H für die Zeit ab dem 24.02.2016. Der Beklagte holte daraufhin Arzt- und Befundberichte des behandelnden Augenarztes Dr. L. sowie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der C. ein und wertete diese - zusammen mit einer elterlichen Stellungnahme und einem übersandten Blutzuckertagebuch - durch seinen ärztlichen Dienst aus. Dieser kam zu der Einschätzung, der bei der Klägerin vorliegenden Diabetes Typ I (ED 24.02.2016) bedinge einen GdB von 40. Hierbei wurde die bestehende Insulinpumpentherapie seit Dezember 2016 unter Verwendung eines Flashglukosesystems Free Style Libre mit durchschnittlich 19 Scans und drei manuellen Messungen berücksichtigt. Das Merkzeichen H komme in Betracht, nicht aber das Merkzeichen B.
Mit Bescheid vom 06.02.2017 stellte der Beklagte bei der Klägerin einen GdB von 40 sowie das Vorliegen von Hilflosigkeit fest.
Hiergegen legten die Eltern der Klägerin am 24.02.2017 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2017 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Am 15.09.2017 ist bei Gericht ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingegangen, in dem erneut die Klageschrift übersandt worden ist, nachdem ein Eingang der per EGVP am 06.09.2017 übermittelten Klageschrift bei Gericht nicht festgestellt werden konnte. Nach Hinweis der Kammervorsitzenden, dass derzeit davon auszugehen sei, dass die Klage verfristet ist, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Sendeberichte vorgelegt. Der Kammervorsitzende hat am 14.11.2017 mitgeteilt, dass in der Sache wohl Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sein dürfte.
Das Gericht hat sodann Befundberichte des PD. Dr. L., Arzt für Kinder und Jugendmedizin und Diabetologie, des Kinder- und Jugendmediziners L. und des Augenarztes Dr. L. eingeholt. Den Beteiligten ist hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Im Anschluss hat das Gericht ein Gutachten des Kinder- und Jugendmediziners Dr. T eingeholt, welches dieser am 09.04.2018 gegenüber dem Gericht erstattet hat. Dem Gutachter ist sodann - nach Eingang einer Stellungnahme des Beklagten und Erteilung eines gerichtlichen Hinweises - Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gegeben worden. Hierzu haben die Beteiligten ebenfalls erneut Stellung genommen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2019 hat die Klägerin, vertreten durch ihre Mutter und ihren Prozessbevollmächtigten, weiter zur Sache vorgetragen und dargelegt, aus welchen Gründen aus ihrer Sicht bei der Kläger ein GdB von 50 festzustellen ist.
Die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, hat sodann beantragt,
den Bescheid vom 06.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von mindestens 50 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens H ab dem 24.02.2016 festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht verfristet, da der Klägerin gemäß § 67 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand...