Entscheidungsstichwort (Thema)
Der Krankenhausarzt trifft die Entscheidung über die bei der stationären Behandlung des Patienten anzuwendenden Medikamente
Orientierungssatz
1. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse des Versicherten ergibt sich gemäß §§ 109 Abs. 4, 39 Abs. 1 S. 2 SGB 5 aus dem Fallpauschalenkatalog. Die Klageforderung kann im Einzelfall daraus resultieren, dass die Krankenkasse mit einem Erstattungsanspruch gegenüber dem Krankenhausträger aufgerechnet hat, der ihr nicht zustand.
2. Welches Produkt dem Patienten innerhalb einer stationären Krankenhaus-Behandlung zu verabreichen ist, ist differenziert und nach den Umständen des Einzelfalls vom behandelnden Krankenhausarzt zu entscheiden. Im konkreten Fall hat er bei einem Säugling bei der operativen Teilkorrektur eines Herzfehlers die Entscheidung zu treffen, ob die Gabe eines Apherese-Thrombozytenkonzentrats (ATK) oder eines Pool-Thrombozytenkonzentrats (PTK) geboten ist. Den jeweils maßgeblichen Betrag hat die Krankenkasse dem Krankenhausträger zu vergüten.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 373,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.09.2016 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Der Streitwert wird auf 373,68 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf (Rest-)Vergütung wegen erbrachter Krankenhausbehandlungsleistungen in Höhe von 373,68 EUR. Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelten ihre Ärzte stationär vom 25.09. bis 12.10.2015 die am 00.00.0000 geborene, bei der Beklagten versicherte M. T. (im Folgenden: Versicherte) zwecks operativer Totalkorrektur eines Herzfehlers. Während der Behandlung erhielt die Versicherte am 28.09.2015 eine Gabe Apherese-Thrombozytenkonzentrat (ATK), das ist ein durch Apherese vom Einzelspender gewonnenes Präparat. Für die Krankenhausbehandlung stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 06.11.2015 nach der Fallpauschale (DRG) A13A insgesamt 45.401,49 EUR in Rechnung. In diesem Betrag waren 373,42 EUR für die ATK-Gabe mit dem Zusatzentgelt (ZE) 147.01, Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-800.f0 enthalten. Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag zunächst an die Klägerin. Im Rahmen einer anschließenden Überprüfung der Abrechnung kam der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) in einer Stellungnahme vom 04.03.2016 hinsichtlich der Gabe von ATK zum Ergebnis: "Die zwei unstrittigen Indikationen für die Gabe von Apherese-Thrombozytenkonzentrate (ATK) - Patienten bei HLA-Alloimmunsierung* zur Auswahl HLA-kompatibler Spender und CMV-AK-negative Patienten, vor (geplanter) oder nach allogener Stammzelltransplantation zur Auswahl CMV-Ag-negativer Spender - sind im vorliegenden Einzelfall nicht gegeben. ln allen anderen Fällen, wie auch in dem hier zu beurteilenden Fall, wird die medizinische Indikation zur Gabe von ATKs kontrovers diskutiert. In der Frage des Infektionsrisikos oder der Recovery- und Überlebenszeit von Thrombozyten stehen MDK und AG StKB (AG der Ärzte staatlicher und kommunaler Bluttransfusionsdienste) im Dissens. Die zur Frage der Infektionsprophylaxe von der AG StKB postulierte Vorrangigkeit der selektiven Einzelspende (maximalen Minimierung der Spenderexposition) bei ATK wird vom MDK bestritten. Eine Plasmareduktion mittels Plasmaersatzlösungen, die Pathogeninaktivierung und die auf vier Tage verkürzte Lagerdauer stellen nach Auffassung des MDK gleichrangige Faktoren zur Senkung des Infektionsrisikos dar. Zur Problematik der Alloimmunisierung liegen keine Untersuchungsergebnisse vor, die belegen, dass Recovery und Überlebenszeit bei ATK besser wären als bei den in Deutschland verwendeten BC-PTK (Buffy Coat). Vorliegende zitierte Studien beziehen sich nur auf PRP-PTK (Plättchenreiches Plasma), die in Deutschland derzeit nicht hergestellt werden. Unabhängig hiervon ist allein mit Pool-Thrombozytenkonzentraten (PTK) eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung nicht möglich. Aus allgemeinen, einzelfallunabhängigen logistischen Gründen sind Apherese-Thrombozytenkonzentrate unverzichtbar, da allein mit Pool-Thrombozytenkonzentraten eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung nicht möglich wäre und insbesondere Kliniken, die Patienten mit hämatologischen Erkrankungen, wie Leukämien behandeln, deshalb zwingend auf die Herstellung von Apherese-Thrombozytenkonzentraten angewiesen sind. Ob im Einzelfall das kostengünstigere PTK verfügbar war, kann gutachterlich nicht bewertet werden. Die Bewertung erfolgt im Dissens mit der Klinik."
Die Beklagte teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 09.03.2016 mit und bat um Überweisung eines bereits gezahlten Betrages von "378,13 EUR". Mit Schreiben vom 20.04.2016 ihrer Abteilung "Medizinisches Controlling und Qualitätsmanagement" teilte die Klägerin dem MDK mit: "Ihrer Feststellung, dass das Apherese-Thrombozytenkonzentrat bei dem drei Monate alten Säugling gleichwertig durch ...