Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Wirtschaftlichkeitsgebot. Bluttransfusion. Überlegenheit der Gabe von Apherese-Thrombozytenkonzentraten gegenüber Pool-Thrombozytenkonzentraten im Einzelfall
Orientierungssatz
1. Zum Streit über den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses hinsichtlich des Zusatzentgelts ZE147.07 bzw des OPS 8-800.f6 im Jahr 2015; hier: zur Überlegenheit der Gabe von Apherese-Thrombozytenkonzentraten (ATK) gegenüber der (kostengünstigeren) Gabe von Pool-Thrombozytenkonzentraten (PTK) unter Berücksichtigung der patienten-individuellen Verhältnisse im Einzelfall.
2. Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt Krankenhäuser bei der Behandlungsplanung die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.056,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2017 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für eine stationäre Behandlung.
Die Klägerin ist Trägerin des Herz- und Diabeteszentrums C P, eines gem. § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhauses. Dort wurde der bei der Beklagten versicherte Herr N P, geboren am 00.00.0000, in der Zeit vom 25.08.2015 bis zum 10.12.2015 stationär behandelt.
Die Aufnahme des Versicherten erfolgte aufgrund seiner Herzerkrankung (Aortenklappenstenose III. Grades, Koronare 2-Gefäßerkrankung, arterielle Hypertonie, linksventrikuläre Hypertrophie) zur Durchführung eines Aortenklappenersatzes, einer Mitralklappenentkalkung sowie einer Myokardrevaskularisation mit Anlage von Bypässen. Der Eingriff wurde am 26.08.2015 unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt. Im Verlauf des stationären Aufenthaltes, im Rahmen dessen aufgrund von Komplikationen weitere Operationen notwendig wurden, erfolgten mehrere Bluttransfusionen. U. a. wurden dem Versicherten aufgrund einer unteren gastrointestinalen Blutung in der Zeit vom 24.09.2015 bis zum 03.10.2015 insgesamt acht Apherese-Thrombozytenkonzentrate transfundiert. Thrombozytenkonzentrate sind Konzentrate der für die Blutstillung wichtigen Thrombozyten (Blutplättchen) und werden als Arzneimittel zugelassen. Sie können aus den Vollblutspenden von vier bis sechs Spendern hergestellt (sog. Pool-Thrombozytenkonzentrate (PTK)) oder von einem Einzelspender durch maschinelle Zellauftrennung (Apherese, sog. Apherese-Thrombozytenkonzentrate (ATK)) gewonnen werden. Am 10.12.2015 wurde der Versicherte in die stationäre Rehabilitationsbehandlung entlassen.
Die Klägerin rechnete unter dem 18.12.2015 die stationäre Behandlung gegenüber der Beklagten auf der Grundlage der DRG A07A (Beatmung ≫ 999 Stunden oder ≫ 499 Stunden mit intensivmedizinischer Komplexbehandlung ≫ 4900 / 4600 / 4600 Aufwandspunkte, mit komplexer OR-Prozedur oder Polytrauma und int. Komplexbeh. ≫ 3920 / 3680 / 3680 P. oder mit hochkompl. oder dreizeitigem Eingriff) mit einem Betrag i. H. v. 192.554,22 Euro ab.
Die Beklagte beglich zunächst unter dem 29.01.2016 den Rechnungsbetrag und leitete eine Prüfung des Falles durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein.
In seinem Gutachten vom 29.06.2016 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass u. a. der OPS 8-800.f6 (Transfusion von Vollblut, Erythrozytenkonzentrat und Thrombozytenkonzentrat: Apherese-Thrombozytenkonzentrat: 8 bis unter 10 Apherese-Thrombozytenkonzentrate) nicht kodiert werden könne. Nach der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnislage sei die Gabe von ATK nur dann notwendig, wenn bestimmte Besonderheiten in Person des Patienten wie eine Autoimmunisierung gegen HLA Klasse I Antigene und HPA-Antigene oder eine Refraktärität gegenüber Thrombozytentransfusionen vorlägen. Solche Besonderheiten hätten bei dem behandelten Versicherten nicht vorgelegen. Die Versorgung mit Pool-Thrombozytenkonzentraten sei medizinisch ausreichend und wirtschaftlich gewesen. Dementsprechend sei der OPS 8-800.g6 (Transfusion von Vollblut, Erythrozytenkonzentrat und Thrombozytenkonzentrat: Thrombozytenkonzentrat: 8 bis unter 10 Thrombozytenkonzentrate) zu kodieren gewesen.
Mit leistungsrechtlicher Entscheidung vom 26.07.2016 bat die Beklagte die Klägerin um Übermittlung einer korrigierten Abrechnung. Die Klägerin kam dem nicht nach und erhob gegen das Begutachtungsergebnis Widerspruch. Die Beklagte beauftragte daraufhin den MDK mit einer erneuten Prüfung. Dieser hielt in seinem Gutachten vom 12.09.2016 hinsichtlich der Kodierung des OPS 8-800.f6 an seiner Auffassung fest.
Unter dem 21.02.2017 verrechnete die Beklagte den von ihr auf der Grundlage der MDK-Gutachten behaupteten Erstattungsanspruch i. H. v. 1.056,22 Euro mit einem zwischen den Beteiligten unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten aus der Behandlung des Versicherten I-S C und überwies auf die entsprechende Rechnung lediglich den Differenzbetrag i. H. v. 12.210,41 Euro.
Mit der am 17.1...