Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzinsung von Geldleistungen

 

Orientierungssatz

1. Der Leistungsträger hat im Zweifel den Beweis dafür zu erbringen, dass der Berechtigte den ihm zustehenden Geldbetrag vollständig erhalten hat. Er allein trägt bei Unaufklärbarkeit des maßgeblichen Sachverhalts die Beweislast dafür, dass er die geschuldete Leistung auch erbracht hat.

2. Die Vorschrift des § 44 SGB 1 enthält eine abschließende Regelung für die Verzinsung von Ansprüchen auf Geldleistungen. Die Vorschrift ist aber nur auf solche Geldleistungen anwendbar, die sich aus einem besonderen Teil des SGB oder aus einem Gesetz ergeben, das in § 68 SGB 1 aufgeführt ist. Dazu gehört das AsylbLG nicht. Die allgemeinen Bestimmungen des BGB über die Verzinsung finden keine Anwendung.

 

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern 4.791,06 EUR zu zahlen. Im Übrigen - wegen des Zinsbegehrens - wird die Klage abgewiesen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt der Beklagte.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren von dem Beklagten die Auszahlung weiterer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe 4.791,06 EUR, die der Beklagte durch bestandskräftige Bescheide bewilligt hat.

Die Klägerin zu 1) und ihr Ehemann J.L.(J.L.)sind beninische Staatsangehörige, die Kläger zu 2) bis 4) ihre minderjährigen Kinder. Die Familie bezog in der Vergangenheit Leistungen nach § 3 AsylbLG. Bis Januar 2006 gehörte auch der Sohn T. zur Haushaltsgemeinschaft; seit Februar 2006 wird er vom Beklagten als eigener Leistungsfall geführt.

Am 27.10.2005 beantragte die Klägerin zu 1) für sich und die Kläger zu 2) bis 4) sowie den Sohn T. Leistungen nach § 2 AsylbLG rückwirkend ab 01.01.2005 und für die Zukunft. Zur Begründung wies sie darauf hin, seit Anfang 2005 die (damals maßgebliche) 36-Monats-Frist des Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG als Voraussetzung höherer Leistungen nach § 2 AsylbLG erfüllt zu haben.

Durch Bescheid vom 17.07.2006 bewilligte der Beklagte den Klägern für Juli 2006 Leistungen nach § 2 AsylbLG, für J.L. jedoch weiter nach § 3 AsylbLG. Als Anlage zu dem Bescheid findet sich eine (Neu)-Berechnung der Leistungen für die Zeit von Januar 2005 bis Juli 2006, allerdings ohne Berücksichtigung des Sohnes T. hinsichtlich des Zeitraums von Januar 2005 bis Januar 2006. Ob die Kläger - zeitnah - diesen Bescheid erhalten haben, ist weder geklärt noch klärbar.

Durch Bescheid vom 19.07.2006 berechnete der Beklagte gegenüber T.L. dessen Leistungen für die Zeit von Februar bis Juli 2006 neu. Den sich daraus ergebenden Nachzahlungsbetrag leistete er in 3 Raten per Scheck an den Sohn T.L. Am 19.07.2006 zahlte der Beklagte den Klägern aus dem ihnen zustehenden Nachzahlungsbetrag 799,00 EUR per Kassenkarte aus. Eine Auszahlung mittels Kassenkarte geschieht bei der Beklagten folgendermaßen: Der Leistungsfall wird in den Computer eingegeben; über ein bestimmtes EDV-Programm wird die Berechnung des auszuzahlenden Betrages vorgenommen; sodann wird in einem anderen EDV-Programm unter Eingabe einer bestimmten Kassenkartennummer eine Kassenkarte mit dem Auszahlungsbetrag geladen. Der Höchstbetrag pro Kassenkarte beträgt 800,00 EUR. Es wird ein Protokoll gedruckt, auf dem der Auszahlungsbetrag und der Zahlungsempfänger aufgeführt ist. Der Zahlungsempfänger ist derjenige, dessen Leistungsfall bearbeitet wird; er taucht deshalb automatisch auf dem Protokoll auf. Wenn eine andere Person als beauftragter Geldempfänger erscheint, muss der Zahlungsempfänger manuell abgeändert werden. Der Geldempfänger bekommt die Kassenkarte ausgehändigt und quittiert deren Empfang. Er erhält darüberhinaus ein Papier ausgehändigt, auf dem die Kassenkartennummer und der Auszahlungsbetrag aufgeführt ist. Mit der ausgehändigten Kassenkarte kann im Foyer des Rathauses an einem Geldautomaten der Betrag gezogen werden. Wird die Karte nicht innerhalb von 30 Minuten am Zahlautomat eingelöst, wird sie ungültig.

Bei der Vorsprache anlässlich der Geldauszahlung am 19.07.2006 baten die Klägerin und ihr Ehemann um Überweisung ihrer Leistungen auf ihr Konto bei der Sparkasse. Sie legten hierzu die Bankkarte, die auf den Namen der Klägerin zu 1) lautet, vor; eine Kopie davon befindet sich als Blatt I/163 in Band X der Verwaltungsakte der Beklagten.

Am 03.08.2006 erhielt die Klägerin zu 1) aus dem Nachzahlungsbetrag eine weitere Rate in Höhe von 566,82 EUR, jedoch wiederum per Kassenkarte.

Auf Nachfrage der - inzwischen anwaltlich vertretenen - Kläger vom 16.08.2006 teilte der Beklagten diesen mit Schreiben vom 22.09.2006 mit, er habe bereits mit "Bescheiden vom 17/19.07.2006 eine Umstellung der Leistungen von § 3 AsylbLG auf § 2 AsylbLG rückwirkend ab 01.01.2005" für die Kläger und den Sohn Said vorgenommen. Die entsprechenden Nachzahlungen seien "im Zeitraum vom 20.07. bis 15.08.2006" erfolgt. Daraufhin teilten die Bevollmächtigten dem Beklagten mit Schreiben vom 20.10.2006 mit, es lägen nach wie vor keine Bescheide über die Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG vor, sondern...

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