Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattungsanspruch für Zahnersatzversorgung
Orientierungssatz
1. Aus der Formulierung "anstelle der Sach- oder Dienstleistungen" in § 13 Abs 2 S 1 SGB V (juris: SGB 5) folgt, dass Kostenerstattung nur beansprucht werden kann, wenn ein Anspruch auf die entsprechende Naturalleistung nach dem SGB V besteht; die im Wege der Kostenerstattung zu zahlende Geldleistung tritt lediglich an die Stelle der Sachleistung.
2. Wird der HKP der Krankenkasse zu spät vorgelegt und kann daher die Krankenkasse die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit der Zahnersatzversorgung als Voraussetzung des entsprechenden Sachleistungsanspruchs bzw. des an seine Stelle getretenen Kostenerstattungsanspruchs nicht vor der Behandlung durchführen, besteht kein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten für Zahnersatz.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer Zahnersatzversorgung in Höhe von 1.637,60 EUR, hilfsweise in Höhe von 1.336,20 EUR.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 22.04.2004 wählte sie für alle Vertragsleistungen der Beklagten die Kostenerstattung. Sie erklärte u.a., eine Aufklärung darüber, dass die Kostenerstattung grundsätzlich nur für Vertragsleistungen von Vertragspartnern der Beklagten gilt, erhalten zu haben und darüber aufgeklärt worden zu sein, dass ihr die Beklagte bei privatärztlich verursachten Kosten den Anteil erstattet, der bei Behandlung durch die Krankenversicherungskarte (Sachleistung) entstanden wäre. Durch ein Schreiben der Beklagten vom 21.04.2004 war die Klägerin zuvor über den Umfang und das Verfahren bei der Kostenerstattung informiert worden; darin heißt es u.a., dass von der Beklagten nur solche Leistungen bezuschusst werden könnten, die sie gesetzlich und satzungsgemäß als Sachleistung zu erbringen gehabt hätte. Das Verfahren der Kostenerstattung ist in § 18 der Satzung der Beklagten geregelt.
Im Januar 2009 führte der Ehemann der Klägerin, der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Zahnarzt Dr. I. T., eine zahnprothetische Behandlung von acht Zähnen der Klägerin im Bereich 14 bis 24 durch: am 06.01.2009 fand eine Beratung, am 08.01.2009 eine Untersuchung und Vorbehandlung statt; am 14.01.2009 wurde an acht Zähnen provisorische Kronen/Brückenglieder, am 27.01.2009 vollkeramische Teilkronen an den acht Zähnen angebracht; am 06.05.2009 fand eine Beratung und Nachbehandlung statt. Wegen des Verdachts auf eine Schwangerschaft wurden vor der Zahnbehandlung keine Röntgenbilder gefertigt.
Erstmals am 16.02.2009 beantragte die Klägerin die Erstattung von Zahnbehandlungskosten unter Vorlage eines Heil- und Kostenplans (HKP) vom 11.02.2009 für die Versorgung von acht Zähnen im Bereich 14 bis 24. Dieser enthält u.a. folgende Eintragungen:
I. "Befund/Behandlungsplan": erhaltungswürdiger Zahn mit partiellen Substanzdefekten (pw); vollkeramische Teilkrone (PKM)
II. "Festzuschuss": 1.2
III. "Kostenplanung": ZA-Honorar BEMA 111,20 EUR ZA-Honorar GOZ 1.604,08 EUR Material-/Laborkosten 2.006,38 EUR insgesamt 3.721,66 EUR
V. "Rechnungsbeträge": ZA-Honorar BEMA 111,20 EUR ZA-Honorar GOZ 1.604,08 EUR Material-/Laborkosten 1.100,03 EUR
Gesamtsumme 2.815,31 EUR
Festzuschuss Kasse - 1.386,24 EUR
Versichertenanteil 1.429,07 EUR
Die Beklagte legte die Antragsunterlagen dem Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) zur Beurteilung vor. Hierüber informiert erklärte Dr. T., er halte dies nicht für vertragsgemäß; es gebe kein Gutachterverfahren, sondern einen pauschalen Abzug zur Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit. Daraufhin teilte die Beklagte dem Zahnarzt mit, dass nach dem Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) festgelegt sei, dass vor Beginn der Behandlung ein HKP vom Vertragsarzt zu erstellen und der Krankenkasse aufgrund der Genehmigungspflicht für Zahnersatz vorzulegen sei. Da eine Genehmigung vor Behandlungsbeginn nicht erfolgt sei, sei eine Kostenübernahme nach Eingliederung des bereits gefertigten Zahnersatzes nicht möglich. Kulanterweise habe die Beklagte jedoch den abgerechneten HKP dem MDK zu Überprüfung der medizinischen Notwendigkeit vorgelegt; wenn die Klägerin dies nicht wünsche, könne der Auftrag zurückgezogen und ein Bescheid erteilt werden. Daraufhin folgte ein weiterer Schriftwechsel zwischen Dr. T. und der Beklagten über die Anwendbarkeit der Sachleistungsprinzipvoraussetzungen, die Pflicht zur Vorlage und Genehmigung eines HKP im Kostenerstattungsverfahren und die bei der Versorgung von Frontzähnen zu gewährenden Festzuschüsse. Am 15.06.2009 forderte der MDK Behandlungsunterlagen von Dr. T. an; als dieser der Aufforderung nicht nachkam, beendete der MDK am 06.07.2009 den Gutachtenauftrag. Auf Bitten der Beklagten teilte der MDK am 20.08.2009 mit, der im HKP enthaltene Befund "pw" könne nicht bestätigt werden und sei nach Abschluss der Behandlung nicht mehr zu bestätigen; Röntgenaufnahmen sei...