Tenor

Der Bescheid vom 31.03.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2005 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin ab dem 01.01.2005 als freiwilliges Mitglied aufzunehmen. Die Beklagte trägt die Kosten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin nach § 9 Abs. 1 Nr. 8 SGB V freiwilliges Mitglied bei der beklagten Krankenkasse werden kann.

Die am 00.00.1935 geborene Klägerin bezog vom 01.12.1997 bis zum 31.12.2004 von dem Sozialamt der Stadt E Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes. Ab dem 01.01.2005 erhielt sie Leistungen nach dem SGB XII, Kapitel 4 und 5. Am 23.03.2005 beantragte sie die freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten ab dem 01.01.2005. Das Sozialamt bestätigte, den monatlichen Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung gemäß § 32 Abs. 2 SGB XII zu übernehmen. Mit Bescheid vom 31.03.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Sie meint, die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V seien nicht erfüllt. Weitere Voraussetzung dieser Vorschrift sei, dass der Leistungsbezug vor dem 01.01.2005 geendet haben müsse. Die Klägerin, die im Anschluß an den Bezug von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt weitere Leistungen nach den Vorschriften der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII bezog, erfülle nicht die Voraussetzung eines beendeten Leistungsbezuges. Der Leistungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Sozialhilfeträger bestehe lediglich auf einer anderen Rechtsgrundlage fort.

Hiergegen erhob die Klägerin am 06.04.2005 Widerspruch. Sie meint, in der gesetzlichen Bestimmung sei ein derartiger Ausschlußgrund nicht ersichtlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verweist auf die Gesetzesmaterialien (Bundestags-Drucksache 15/1749). Darin werde ausdrücklich auf ehemalige Bezieher von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt abgestellt. Die Ablesung des BSHG durch das SGB XII sollte nicht dazu führen, allen Sozialhilfeempfängern ein einmaliges Beitrittsrecht einzuräumen. Solange Bürger Leistungen nach dem SGB XII bezögen, erhielten sie einen umfassenden Schutz bei Krankheit durch die Betreuung nach § 264 Abs. 2 SGB V.

Hiergegen richtet sich die am 30.05.2005 erhobene Klage. Die Klägerin meint, weder dem Gesetz noch dem Gesetzesmaterialien lasse sich der von der Beklagten geforderte abgeschlossene Leistungsbezug vor dem 01.01.2005 entnehmen. Die Formulierung "in der Vergangenheit" in § 9 Abs. 1 Nr. 8 SGB V besage lediglich, dass die Leistungen zum Lebensunterhalt in der Vergangenheit bezogen werden mußten, nicht auch dass die notwendigerweise abgeschlossen sein mußten. Dies sei auch unlogisch, als es laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem BSHG ab dem 01.01.2005 nicht mehr gebe. Auch aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ergebe sich nichts anderes. Darin werde darauf hingewiesen, dass eine Gleichstellung mit Personen, die nach Inkrafttreten der Versicherungspflicht aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung werden, geboten erscheint. Auf einen abgeschlossenen Leistungsbezug stelle auch die Gesetzesbegründung nicht ab. Dies mache auch keinen Sinn, da dann nahezu kein Beitritt nach § 9 Abs. 1 Nr. 8 SGB V möglich wäre und die Regelung, die ohnehin nur für einen eng begrenzten Personenkreis in Betracht käme, leerlaufen würde.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Bescheid vom 31.03.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie ab dem 01.01.2005 als freiwilliges Mitglied aufzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Niederschrift über die Besprechung des Arbeitskreises Versicherung und Beiträge der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 16.03.2005, wonach das Beitrittsrecht nur bei einem beendeten Leistungsbezug bestehe.

Das Gericht hat den Kreis E beigeladen. Diese hat die Klägerin in dem Klageverfahren unterstützt. Er beantragt,

den Bescheid vom 31.03.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin ab dem 01.01.2005 als freiwilliges Mitglied aufzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch, sich bei der Beklagten ab dem 01.01.2005 freiwillig versichern zu lassen. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V können der Versicherung beitreten innerhalb von 6 Monaten ab dem 01.01.2005 Personen, die in der Vergangenheit laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz bezogen haben und davor zu keinem Zeitpunkt gesetzlich oder privat krankenversichert waren. Die Klägerin hat ihren Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten am 23.03.2...

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