rechtskräftig

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2003 verurteilt, der Klägerin eine "NewFill"-Behandlung zur Verfügung zu stellen bzw. deren Kosten zu übernehmen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Mit der Klage vom 00.00.0000 gegen den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2003 fordert die Klägerin eine NewFill-Behandlung zur Behebung ihres Lipodystrophie-Syndroms (subkutaner Fettverlust) im Wangenbereich - Kosten: ca. EUR 2.800,- (vier Sitzungen à EUR 700,-) -

NewFill ist eine biologisch abbaubare Polymer-Milchsäure, die von der FDA (Food and Drug Administration) mit dem Warenzeichen "Sculptra" am 03.08.2004 in den USA zugelassen und von der Europäischen Zulassungsbehörde für Mediziniprodukte G-Med (Groupement pour l èvaluation des dispositifs mèdicaux) mit CE 0459 am 11.02.2004 zertifiziert worden ist. Polymer-Milchsäure ist in fester Form als resorbierbares Nahtmaterial aus der Chirurgie seit langem bekannt.

Die 0000 geborene Klägerin - Diplom-Sozialpädagogin - ist seit 1996 HIV-positiv und an AIDS erkrankt und wird seitdem mit antiretroviraler Therapie behandelt, die als unvermeidbare Nebenfolge die Lipodystrophie ausgelöst hat. Nach zwei vorausgegangenen, erfolglosen Anträgen beantragte die Klägerin mit Attest des behandelnden Internisten L vom 13.12.2002 erneut eine operative Rekonstruktion des Gesichtsbereichs, insbesondere der Wangen, mit "NewFill", Gortex-Implantationen oder Fettinjektionen; die Injektion von intrakutanem Polylaktat (NewFill) sei die am wenigsten angreifende und auch kostengünstigste Methode. Gestützt auf die Gutachten des MDK(Medizinischer Dienst der Krankenversicherung)-Arztes U vom 30.01.2003 und 05.05.2003 lehnte die Beklagte mit den o.g. Bescheiden eine operative Wangenrekonstruktion ab, weil die Verminderung des Fettkörpers im Wangenbereich eine Normvariante sei und die vorgeschlagenen Behandlungsmethoden neue Methoden seien, die in ihrer Qualität und Wirksamkeit nicht dem allgemein anerkannten Standpunkt der medizinischen Erkenntnisse entsprächen.

Mit der hiergegen gerichteten Klage verfolgt die Klägerin ihr Leistungsbegehren weiter. Ihr Zustand im Wangenbereich habe Krankheitswert, denn zum Einen beeinträchtige er ihr Kauvermögen, zum Anderen führe das entstellende und abstossende Aussehen zur sozialen Isolation und schließe Arbeitsangebote in ihrem, auf den Umgang mit anderen Menschen ausgerichteten Berufsfeld aus. Ihr Aussehen löse bei vielen Menschen den Verdacht einer AIDS-Erkrankung und entsprechende Ängste und Rückzugsverhalten aus und verhindere soziale und berufliche Kontakte; sie sei stigmatisiert und werde ausgegrenzt. Sie legt das Informationsschreiben der Firma B Dermatologie vom 24.08.2004 und das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 02.05.2002 - L 5 KR 93/01 - vor.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2003 zu verurteilen, ihr eine "New- Fill"-Behandlung zur Verfügung zu stellen bzw. deren Kosten zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf den Inhalt der von ihr erteilten Bescheide und trägt - gestützt auf ein weiteres Gutachten des MDK-Arztes U vom 13.05.2004 - vor, dass es derzeit keine, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlungsmethoden zur Behandlung von Lipoatrophie im Wangenbereich gebe.

Es ist Beweis erhoben worden durch Beiziehung - der Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 06.04.2004 (mit Stellungsnahme des Bewertungsausschusses vom 06.01.2004 gegenüber dem SG Halle), - der lögd(Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW)-Recherchen vom 21.04.2004 und 07.10.2004 sowie - der Urteile des SG Lüneburg vom 16.06.2004 - S 16 KR 191/02 -, des SG Dortmund vom 26.04.2004 - S 40 KR 138/03 -, des SG Halle vom 18.03.2004 - S 2 KR 150/01 -, des SG Koblenz vom 09.07.2003 - S 12 KR 209/03 und des SG Aachen vom 20.08.2002 - S 13 KR 22/02 -. Wegen des Beweisergebnisses wird auf den Inhalt der schriftlichen Unterlagen verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Die Akten haben bei der Entscheidung vorgelegen und sind - soweit von Bedeutung - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig, denn die Klägerin hat gemäß §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 12 Abs. 1 S. 1, 27 Abs. 1 S. 1 u. 2 Nr. 1, 28 Abs. 1 S. 1, 135 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - 5. Buch/Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V - einen Anspruch auf ärztliche Behandlung mit NewFill zur Rekonstruktion ihrer Wangen; wegen eines Systemversagens steht das in § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V geregelte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für neue B...

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