Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bildung und Teilhabe. Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Aktivitäten der kulturellen Bildung. Teilnahmegebühr für Jugendweihefeier
Leitsatz (amtlich)
Die Teilnahmegebühr für eine Jugendweiheveranstaltung ist als Bedarf gem § 28 Abs 7 Nr 2 SGB 2 anzusehen. Sofern diese Gebühr durch den Jugendweiheteilnehmer zwingend in voller Höhe zu zahlen ist, ist sie durch den Leistungsträger auch in voller Höhe zu erstatten, unabhängig davon, ob darin auch Leistungen für Gäste des Teilnehmers enthalten sind.
Tenor
Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 15.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2012 verurteilt, der Klägerin weitere 30,- Euro als Kosten für die Teilnahme an der Jugendweihefeier im April 2011 zu erstatten.
Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten vorliegend über die Pflicht des Beklagten zur Übernahme der vollen Kosten für die Teilnahme der Klägerin an ihrer Jugendweihefeier.
Die am 01.07.1996 geborene Klägerin steht zusammen mit ihrer Mutter A. K. beim Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die Mutter der Klägerin, welche allein sorgeberechtigt für diese war, beantragte mit einem Schreiben vom 27.04.2011 beim Landratsamt Altenburger Land (LRA) die Erstattung der Gebühren für die Jugendweihefeier in Höhe von 95,- Euro. Mit Schreiben vom 21.10.2011 forderte das LRA den Zahlungsbeleg für die Gebühren der Jugendweihefeier bei der Klägerin an. Am 01.11.2011 übersandte diese einen Überweisungsbeleg vom 27.01.2011 i. H. v. 95,- Euro an den Jugendweihe O. e. V. und ein Informationsblatt des Vereins zu der Jugendweihefeier am 09.04.2011 im Landestheater A.. Darin heißt es u. a.: “Die Teilnahmegebühr für die Jugendweihe beträgt 95,- Euro. Im Preis enthalten sind: Kosten für die Vorbereitung und Durchführung der Feier, einschl. Gema-Gebühren, 6 Eintrittskarten für die Gäste des Jugendweiheteilnehmers, ein Buch, eine Urkunde und Blumen, die zur Feier überreicht werden. Die Jugendweihefeier dauert ca. 80 Minuten.„
Mit Bescheid vom 15.11.2011 gewährte das LRA der Klägerin für den Zeitraum 01.04.- 30.04.2011 nach § 28 SGB II Leistungen in Höhe von 65,- Euro für die “Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben - Jugendweihe 2011„. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Leistungsberechtigte für den Bereich Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben einen monatlichen Anspruch von bis zu 10,- Euro hätten. Für E.-M. seien bisher keine Zahlungen für das Jahr 2011 in Anspruch genommen worden, so dass der o. g. Betrag erstattet werde. 30,- Euro würden für die sechs Eintrittskarten für Gäste in Abzug gebracht, da diese Leistungen das Bildungspaket nicht vorsehe.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 17.11.2011 Widerspruch ein und machte geltend, dass die Gebühr von 95,- Euro immer anfalle, auch wenn die Eintrittskarten nicht in Anspruch genommen würden. Ein Abzug sei nicht gerechtfertigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2012 (W 944/12) wies der Beklagte als Rechtsnachfolger des LRA den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin sei anspruchsberechtigt nach § 28 Abs. 1 und 7 SGB II, der höchstmögliche monatliche Beitrag zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben sei für sie bis zur Antragstellung für die Teilnahme an der Jugendweihe noch nicht beansprucht worden. Zwar handele es sich bei der Teilnahmegebühr nicht um Mitgliedsbeiträge, Kosten für Unterricht oder eine Freizeit. Jedoch könne unter Jugendweihe nicht nur die Abhaltung der Feierstunde allein verstanden werden, vielmehr sei damit auch eine Reihe von kulturellen Veranstaltungen zur Vorbereitung verbunden, so dass der dafür fällige Betrag durchaus als Kosten für vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung im Sinne von § 28 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 SGB II gesehen werden könne. Die für die Klägerin angefallenen Kosten seien damit zu erstatten. Laut Auskunft des Jugendweihevereins sei in der Teilnahmegebühr ein Betrag von jeweils 5,- Euro für sechs Eintrittskarten für Gäste des Teilnehmers enthalten. Es komme nur die Erstattung des Betrages in Betracht, der für den Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres anfällt, nicht auch von weiteren Kosten für Gäste und Begleitpersonen, auch wenn die Kosten für diese Personen mit der Durchführung der Jugendweihe in Zusammenhang stehen.
Hiergegen hat die Klägerin, vertreten durch ihre Mutter, am 02.10.2012 Klage zum Sozialgericht Altenburg erhoben. Sie macht geltend, dass ein Verzicht auf die Gästekarten nicht möglich gewesen sei. Um an der Jugendweihefeier teilnehmen zu können, sei die Zahlung des Gesamtbetrages i. H. v. 95,- Euro Voraussetzung. Tatsächlich seien auch nur die Mutter und der Vater bei der Jugendweiheveranstaltung dabei gewesen. Eine Rückgabe der übrigen Karten an den Verein ...