Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Differenzierung des Grundrentenbetrages nach Ost und West. rückwirkende Neufassung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 20.10.2005 - B 4 RA 27/05 R = SozR 4-2600 § 93 Nr 7 nach der § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB 6 idF des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RVNG) vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, 1791) den Rentenversicherungsträger nicht ermächtigt, bei der Einstellung des Freibetrags zwischen unfallverletzten Rentnern in den alten und neuen Bundesländern zu differenzieren, kann auf Grund der nunmehr eindeutigen gesetzlichen Regelungen des § 84a BVG idF des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet ( EntschR/AusglBGGÄndG ) vom 19.6.2006 (BGBl I 2006, 1305) ab dem 1.1.1991 nicht mehr herangezogen werden.

2. Die rückwirkende Neufassung des § 84a BVG zum 1.1.1991 idF des EntschR/AusglBGGÄndG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

3. Art 9 Abs 1 Buchst a des EntschR/AusglBGGÄndG beinhaltet zunächst keine mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende echte Rückwirkung, da es sich lediglich um die Umsetzung von höchstrichterlicher Rechtsprechung und eine Klarstellung in der Form einer authentischen Interpretation des gesetzgeberischen Willens handelt (siehe dazu BT-Drs 16/444 vom 24.1.2006). Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass im Wege einer authentischen Interpretation eine Änderung des Gesetzestextes auch insofern eine Rückwirkung entfalten kann, als der Gesetzgeber durch eine eigene nachträgliche Interpretation seiner selbst anordnen kann, wie die schon bisher bestehenden gesetzlichen Bestimmungen von Anfang an zu verstehen waren (vgl BSG vom 23.3.1994 - 5 RJ 40/92 = BSGE 74, 112 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 15).

 

Tatbestand

Der ... 1927 geborene Kläger begehrt die Berücksichtigung eines höheren Freibetrages bei der Anrechnung seiner Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine gesetzliche Regelaltersrente.

Der Kläger bezieht eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 vom Hundert (25 %).

Der Kläger bezieht daneben von der Beklagten eine Regelaltersrente. Die Beklagte rechnet die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 93 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) auf die an den Kläger gezahlte Regelregelaltersrente an. Von der Anrechnung wurde jeweils ein Freibetrag in Höhe der Beschädigten-Mindestgrundrente ausgenommen; bei der Ermittlung der Freibeträge minderte die Beklagte die in § 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in Verbindung mit § 84a Satz 1 und 2 des BVG genannten Zahlbeträge in dem Verhältnis, in dem der aktuelle Rentenwert (Ost) zum aktuellen Rentenwert steht.

Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 9. Juli 2003 die Überprüfung der Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine Regelaltersrente unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. April 2003 (Az.: B 4 RA 32/02 R) mit dem Ziel der Anrechnung eines höheren Freibetrages. Die Beklagte lehnte eine Neuberechnung mit Bescheid vom 6. Dezember 2004 ab und wies den dagegen am 20. Dezember 2004 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2005 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 11. März 2005 Klage erhoben.

Der Kläger vertritt die Auffassung, es sei bei der Berechnung des Freibetrages einheitlich im gesamten Bundesgebiet die sich aus § 31 BVG ergebende Grundrente zu berücksichtigen und § 84a BVG nicht anzuwenden. Gegenüber der zwischenzeitlich erfolgten Änderung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI werden im Hinblick auf deren Rückwirkung zum 1. Januar 1992 verfassungsrechtliche Bedenken erhoben.

Der Kläger beantragt sinngemäß;

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2005 zu verurteilen, bei der Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung den Freibetrag wegen des Zusammentreffens der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI, ausgehend von der ungekürzten Grundrente nach § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 vom Hundert (25 %) zu bilden und die Regelaltersrente auf dieser Grundlage ab dem 10. April 2003 neu zu berechnen und zur Auszahlung zu bringen.

Die Beklagte beantragt;

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung auf die gesetzliche Neuregelung, die aus ihrer Sicht nur eine rückwirkende Klarstellung darstellt. Im Übrigen verweist sie zur Begründung auf ihre im Verwaltungs...

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