Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Differenzierung des Grundrentenbetrages nach Ost und West. rückwirkende Neufassung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 20.10.2005 - B 4 RA 27/05 R = SozR 4-2600 § 93 Nr 7 nach der § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB 6 idF des RVNG den Rentenversicherungsträger nicht ermächtigt, bei der Einstellung des Freibetrags zwischen unfallverletzten Rentnern in den alten und neuen Bundesländern zu differenzieren, kann auf Grund der nunmehr eindeutigen gesetzlichen Regelungen des § 84a BVG idF des EntschR/AusglBGGÄndG ab dem 1.1.1991 nicht mehr herangezogen werden.
2. Die rückwirkende Neufassung des § 84a BVG zum 1.1.1991 idF des EntschR/AusglBGGÄndG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
3. Art 9 Abs 1 Buchst a des EntschR/AusglBGGÄndG beinhaltet zunächst keine mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende echte Rückwirkung, da es sich lediglich um die Umsetzung von höchstrichterlicher Rechtsprechung und eine Klarstellung in der Form einer authentischen Interpretation des gesetzgeberischen Willens handelt (siehe dazu BT-Drs 16/444 vom 24.1.2006). Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass im Wege einer authentischen Interpretation eine Änderung des Gesetzestextes auch insofern eine Rückwirkung entfalten kann, als der Gesetzgeber durch eine eigene nachträgliche Interpretation seiner selbst anordnen kann, wie die schon bisher bestehenden gesetzlichen Bestimmungen von Anfang an zu verstehen waren (vgl BSG vom 23.3.1994 - 5 RJ 40/92 = BSGE 74, 112 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 15).
Tatbestand
Der ... 1935 geborene Kläger begehrt die Berücksichtigung eines höheren Freibetrages bei der Anrechnung seiner Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine gesetzliche Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit bzw. seine Regelaltersrente.
Der Kläger bezieht eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vom Hundert (50 %).
Der Kläger bezog daneben von der Beklagten eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit und bezieht jetzt eine Regelaltersrente. Die Beklagte rechnet die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 93 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) auf die an den Kläger gezahlten Altersrenten an. Von der Anrechnung wurde jeweils ein Freibetrag in Höhe der Beschädigten-Mindestgrundrente ausgenommen; bei der Ermittlung der Freibeträge minderte die Beklagte die in § 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in Verbindung mit § 84a Satz 1 und 2 des BVG genannten Zahlbeträge in dem Verhältnis, in dem der aktuelle Rentenwert (Ost) zum aktuellen Rentenwert steht.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 22. Dezember 2004 die Überprüfung der Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine Altersrente unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. April 2003 (Az.: B 4 RA 32/02 R) mit dem Ziel der Anrechnung eines höheren Freibetrages. Die Beklagte lehnte eine Neuberechnung mit Bescheid vom 12. Januar 2005 ab und wies den dagegen am 24. Januar 2005 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2005 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 18. Februar 2005 Klage erhoben.
Der Kläger vertritt die Auffassung, es sei bei der Berechnung des Freibetrages einheitlich im gesamten Bundesgebiet die sich aus § 31 BVG ergebende Grundrente zu berücksichtigen und § 84a BVG nicht anzuwenden. Gegenüber der zwischenzeitlich erfolgten Änderung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI werden im Hinblick auf deren Rückwirkung zum 1. Januar 1992 verfassungsrechtliche Bedenken erhoben.
Der Kläger beantragt sinngemäß;
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2005 zu verurteilen, bei der Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung den Freibetrag wegen des Zusammentreffens der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI, ausgehend von der ungekürzten Grundrente nach § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vom Hundert (50 %) zu bilden und die Altersrenten des Klägers auf dieser Grundlage ab dem 10. April 2003 neu zu berechnen und zur Auszahlung zu bringen.
Die Beklagte beantragt;
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf die gesetzliche Neuregelung, die aus ihrer Sicht nur eine rückwirkende Klarstellung darstellt. Im Übrigen verweist sie zur Begründung auf ihre im Verwaltungsverfahren erlassenen Bescheide.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 13. Juni 2006 (Kläger) und 14. Juni 2006 (Beklagte) einer Entscheidung ohne mündliche Verhand...