Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Krankengeldes für einen hauptberuflich selbständig freiwillig krankenversicherten Erwerbstätigen

 

Orientierungssatz

1. Bei einem hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen mit Anspruch auf Krankengeld ist zu dessen Berechnung nach § 47 Abs. 1 S. 1 SGB 5 der nach § 15 Abs. 1 S. 1 SGB 5 zu ermittelnde einkommensteuerrechtliche Gewinn heranzuziehen.

2. Hat der Versicherte die monatliche Mindestbeitragsbemessungsgrundlage unterschritten, so ist das monatliche Mindesteinkommen gemäß § 240 Abs. 4 S. 2 SGB 5 als fiktives monatliches Arbeitseinkommen zugrundezulegen. Aus diesem Betrag ist nach § 47 Abs. 1 S. 1 SGB 5 das monatliche Regelentgelt zu berechnen.

3. Bei hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen bemisst sich das Krankengeld nach dem erzielten Arbeitseinkommen und nicht nach dem für die Beitragsbemessung maßgebenden Mindesteinkommen.

4. Die Berechnung des Krankengeldes bei hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen verstößt nicht gegen Art. 3 Ans. 1 GG. Die Ungleichbehandlung ist dadurch gerechtfertigt, dass freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte weniger schutzbedürftig als pflichtversicherte Mitglieder sind.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.02.2017; Aktenzeichen B 3 KR 47/16 B)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der am … geborene Kläger wendet sich gegen die Höhe seines kalendertäglichen Krankengeldes.

Der Kläger ist seit dem 1. Mai 1993 als hauptberuflich Selbständiger freiwillig versichertes Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten. Der Kläger ist aufgrund einer schriftlichen Erklärung zum gesetzlichen Krankengeldanspruch vom 25. März 2011 bei der Beklagten mit dem Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit freiwillig gesetzlich krankenversichert.

Die Beklagte setzte die vom Kläger in der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten und in der gesetzlichen Pflegeversicherung bei der Beklagten zu zahlenden monatlichen Beiträge mit Beitragsbescheid vom 22. März 2012 auf der Grundlage der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige in Höhe von monatlich 1.916,25 € fest. Dabei legte die Beklagte zur Beitragsbemessung den zuletzt vom Kläger vorgelegten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 zugrunde, in dem das Finanzamt G. einen Gewinn aus dem Gewerbebetrieb des Klägers für das Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 5.668,00 € festgestellt hat.

Der Kläger war ab dem 3. März 2012 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 8. Juni 2012 ab dem 14. April 2012 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich brutto 19,45 € (netto 19,26 €). Die Beklagte stellte in dem Bescheid vom 8. Juni 2012 fest, dass das Krankengeld des Klägers aus dem vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit zur Beitragsbemessung berücksichtigten Arbeitseinkommen des Klägers berechnet worden sei.

Der Kläger legte am 2. Juli 2012 Widerspruch ein.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2013 als unbegründet zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass zur Berechnung des Krankengeldes des Klägers ab dem 14. April 2012 nach den gesetzlichen Vorschriften ausschließlich der einkommensteuerrechtliche Gewinn aus dem Gewerbebetrieb des Klägers für das Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 5.668,00 € zu berücksichtigen gewesen sei. Dieser einkommensteuerrechtliche Gewinn aus dem Gewerbebetrieb des Klägers für das Jahr 2010 ergebe sich aus dem vom Kläger zuletzt vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 3. März 2012 vorgelegten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010. Da der Kläger im Jahr 2010 an 156 Tagen arbeitsunfähig gewesen sei, sei der einkommensteuerrechtliche Gewinn in Höhe von insgesamt 5.668,00 € an 204 Tagen Gewerbetätigkeit erzielt worden. Daraus ergebe sich zu Gunsten des Klägers für das Krankengeld eine kalendertägliche Bemessungsgrundlage in Höhe von 27,78 €, woraus sich ein kalendertägliches Krankengeld von brutto 19,45 € (netto 19,26 €) ergeben habe.

Der Kläger hat am 10. Juni 2013 Klage erhoben.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, das kalendertägliche Krankengeld für den Zeitraum ab dem 14. April 2012 auf der Grundlage des der Beitragsbemessung zugrunde gelegten monatlichen Mindesteinkommens des Klägers in Höhe von 1.916,25 € zu berechnen und an den Kläger nachträglich auszuzahlen. Des Weiteren ist der Kläger der Meinung, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, während des Bezuges von Krankengeld Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu erheben, sodass die Beklagte verpflichtet sei, die während des Krankengeldbezuges eingezogenen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zurückzuzahlen bzw. die Beitragsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung beim Bezug vom Krankengeld zu gewährleisten.

Der Kläger beantragt;

1. die Beklagte unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 8. Juni 2012 in der Gestalt des Widers...

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