Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung der unfallbedingten Folgen eines Speichenbruchs bzw. eines isolierten Wirbelkörperschadens

 

Orientierungssatz

1. Die Gewährung von Unfallrente hat nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB 7 zur Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 % gemindert ist.

2. Der unfallbedingte Speichenbruch mit Achsabknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegungen um insgesamt 40 Grad bedingt eine MdE von 10 %.

3. Die MdE eines isolierten Wirbelkörperbruchs ohne Bandscheibenbeteiligung ist mit weniger als 10 % festzusetzen, bei einer voll ausgebildeten Wirbelsäulenverletzung mit Stückbruch und Bandscheibeninterposition 10 bis 30 %.

 

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 27. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2008 und den Bescheid vom 20. Oktober 2009 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger infolge des Arbeitsunfalls vom 04.03.1975 einen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. hat.

Der am 1946 geborene Kläger war als Montagefacharbeiter beim Bauunternehmen T. in A. beschäftigt. Am 04.03.1975 stürzte er beim Anziehen einer Befestigungsschraube der Wandplatte von einer Leiter zu Boden. Unmittelbar nach dem Unfall wurde er mit Schmerzen im linken Handgelenk und in der Glutealmuskulatur ins Kreiskrankenhaus E. verbracht. Dort wurde eine schwere Hüftprellung links und eine distale Radiusfraktur links ohne Dislokation diagnostiziert. Im Nachschaubericht des Kreiskrankenhauses E. vom 21.04.1982 wurden die Verdachtsdiagnosen eines minimalen - folgenlos ausgeheilten - Vorderkantenabrisses des 1. Lendenwirbelkörpers (LWK) sowie ischialgieformer Beschwerden durch einen unfallunabhängigen Bandscheibenprolaps gestellt. Außerdem wurde der Befund einer unfallunabhängigen Chondropathia patellae rechts bei Patella alta erhoben. Die Röntgenaufnahmen würden keine unfallbedingte Verletzung des 1. bis 3. Lendenwirbelkörpers bestätigen, lediglich ein minimaler Vorderkantenabriss am 1. Lendenwirbelkörper ohne Stufenbildung sei zu vermuten, da die Vorderkante gegenüber den Vergleichswirbeln um ca. 3 mm höhengemindert sei. Die Unfallfolgen führten zu keiner Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).

Am 21.08.2001 beantragte der Kläger die Gewährung einer Verletztenrente infolge der Arbeitsunfälle vom 04.03.1975 und 19.06.1980.

Die Beklagte holte das Gutachten der Chirurgen Prof. Dr. K./PD Dr. G./Dr. E. vom 08.07.2002 ein. Danach beklage der Kläger Rücken- und Handgelenksschmerzen bei Belastung und in Ruhe. Die linke Hand könne er weniger gut gebrauchen. Klinisch seien keine Seitenunterschiede hinsichtlich der Handflächenbeschwielung festzustellen. Die Verarbeitungszeichen seien an beiden Händen gleich. Der Händedruck sei seitengleich kräftig. Ein Druck- oder Bewegungsschmerz über den Gelenken sei nicht auslösbar. Die Unterarmumwendbewegungen seien seitengleich frei durchführbar. Die Handgelenksbeweglichkeit sei links endgradig schmerzhaft eingeschränkt (20-0-30°, 10-0-20° im Vergleich zu 35-0-50°, 20-0-30°). Der Faustschluss sei regelrecht, rechts kräftiger als links. Bewegungseinschränkungen der Finger bestünden nicht. Die Muskulatur im Lendenwirbelsäulenbereich sei etwas verschmächtigt, im unteren Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich bestehe eine Druck- und Klopfempfindlichkeit. Außerdem lasse sich ein Stauchungsschmerz im Lendenwirbelsäulenbereich auslösen. Die Halswirbelsäule sei aufgrund degenerativer Veränderungen in der Beweglichkeit eingeschränkt, die Brust- und Lendenwirbelsäule sei ebenfalls in ihrer Beweglichkeit schmerzbedingt eingeschränkt. Röntgenologisch fänden sich ein regelrecht verheilter körperferner linksseitiger Speichenbruch mit beginnender Arthrose im Radiocarpalgelenk und ein keilförmig zusammengesinterter 1. Lendenwirbelkörper sowie degenerative Veränderungen im Sinne von osteophytären Anbauten und Verschmälerungen der Bandscheibenräume der darüber- und darunterliegenden Wirbelkörper. Als Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.03.1975 bestünden Rückenschmerzen bei Belastung und in Ruhe, Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks bei Belastung und in Ruhe, eine schmerzbedingte Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit und Beweglichkeit im linken Handgelenk sowie Beschwerden bei Wetterwechsel. Die MdE betrage 20 v.H.

Mit Schreiben vom 02.08.2002 bzw. 25.02.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Folgen des Unfalls vom 04.03.1975 keine messbare MdE hinterlassen hätten. Der körperferne Speichenbruch sei regelrecht verheilt. Es ergäben sich kein Ulnavorschub und keine Abkippung. Der Kalksalzgehalt der Knochen sei nicht wesentlich gemindert.

Im Rahmen einer Nachprüfung veranlasste die Beklagte auf Wunsch des Klägers eine Untersuchung durch die Orthopädin Dr. H.-K ... Im Gutachten vom 10.03.2008 kam diese zu dem Ergebnis, dass sich die MdE auf 20 v....

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