Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. selbstständige Tätigkeit. abschließende Entscheidung über zunächst vorläufig beschiedene Leistungsansprüche. Verpflichtung zum Nachweis leistungserheblicher Tatsachen. angemessene Fristsetzung. ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung
Leitsatz (amtlich)
Zurückverweisung an das Jobcenter wegen unzureichender Fristsetzung und Belehrung vor der abschließenden Leistungsfestsetzung.
Orientierungssatz
1. Bei zu prüfendem Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit hält das Gericht eine mindestens zweimonatige Frist für angemessen iS des § 41a Abs 3 S 3 SGB 2.
2. Sind die Voraussetzungen des § 41a Abs 3 S 3 SGB 2 nicht erfüllt, ist damit nicht das Verfahren zur abschließenden Entscheidung über den Leistungsanspruch vollständig beendet, sondern es greift dann wieder das von § 41a Abs 3 S 1 SGB 2 vorgesehene Prozedere.
Tenor
I. Die Bescheide des Beklagten vom 10. August 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7. März 2017 werden aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Leistungsanspruch der Kläger im Zeitraum von August 2015 bis Januar 2016 an den Beklagten zurückverwiesen.
II. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der endgültige Leistungsanspruch der Kläger von August 2015 bis Januar 2016 streitig.
Der 1973 geborene Kläger zu 1 und seine 1980 geborene Ehefrau, die Klägerin zu 2, beantragten zusammen mit ihren drei 2009, 2011 und 2015 geborenen Kindern, den Klägern zu 3 bis 5, erstmals im August 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Beklagten. Der Kläger zu 1 übte eine selbstständige Tätigkeit aus, aus der er keinen positiven Gewinn für die nächsten sechs Monate prognostizierte. Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 8. September 2015 vorläufig laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate August 2015 bis Januar 2016 ohne Anrechnung eines Erwerbseinkommens des Klägers zu 1.
Unter dem 10. Mai 2016 forderte der Beklagte den Kläger zu 1 zur Vorlage der abschließenden Erklärung über sein Einkommen (EKS) im Zeitraum von August 2015 bis Januar 2016 bis 8. Juni 2016 auf. Andernfalls erfolge eine Schätzung, wobei mangels geeigneter Unterlagen dann keine Hilfebedürftigkeit anzunehmen sein würde.
Der Kläger zu 1 teilte dem Jobcenter mit Schreiben vom 9. Juni 2016 mit, er werde die Unterlagen bis 26. Juni 2016 einreichen. Dies geschah jedoch nicht.
Mit zwei Schreiben vom 19. Juli 2016 an die Kläger zu 1 und 2 hörte der Beklagte die Kläger zur Rückforderung von 1.980,72 EUR von den Klägern zu 1 und 3 bis 5 und von 899,28 EUR von der Klägerin zu 2 an. Dies beruhte auf einer Leistungsberechnung mit einem geschätzten monatlichen Einkommen des Klägers zu 1 von 700 EUR.
Mit Bescheiden vom 10. August 2016, zum einen gegenüber der Klägerin zu 2 und zum anderen gegenüber den weiteren Klägern, stellte das beklagte Jobcenter fest, dass im Zeitraum von August 2015 bis Januar 2016 kein Leistungsanspruch bestehe, weil keine Schlussabrechnung vorgelegt worden sei, und forderte vom Kläger zu 1 3.929,79 EUR, von der Klägerin zu 2 3.080,50 EUR, vom Kläger zu 3 1.319,70 EUR, von der Klägerin zu 4 1.146,65 EUR und vom Kläger zu 5 1.111,37 EUR zurück.
Die Widersprüche, die mit Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der Geschäftsunterlagen begründet wurden, wies der Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 7. März 2017 zurück.
Dagegen ist durch die Kläger zu 1 und 2 am 10. April 2017 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben worden.
Der Beklagte hat seine Entscheidungen verteidigt und darauf verwiesen, den Klägern seien mehrere Fristen gesetzt worden. Bereits mit den vorläufigen Bewilligungsbescheiden sei auf eine etwaige Rückzahlung hingewiesen worden, wenn kein Nachweis innerhalb von zwei Monaten nach Ende des Bewilligungszeitraums erfolge. Die Kläger hatten sogar deutlich mehr Zeit. Die Belehrungen an die Kläger vor August 2016 hätten sich inhaltlich auf Mitwirkungsverpflichtungen bezogen. Die Frist sei angemessen gewesen und es habe daher keine Veranlassung für ein weiteres Belehrungsverfahren bestanden.
Die Kläger beantragen (sinngemäß):
Die Bescheide des Beklagten vom 10. August 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7. März 2017 werden aufgehoben.
Für den Beklagten wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet trotz Ausbleibens der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung. Es ist auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, § 110 Abs. 1, § 126 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), und die Sache war entscheidungsreif. Eine Terminsänderung war nicht veranlasst, da der geltend gemachte Hinderungsgrund des Klägers zu 1 nicht belegt worden ist. Dies wäre aber angesichts des Zeitpunktes, zu dem Antrag bei Gericht einging, erforderlich gewesen. Denn au...