Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausabrechnung. sachlich-rechnerische Richtigkeit. Fallzusammenführung. Verweis auf eine mögliche Beurlaubung als wirtschaftliches Alternativverhalten
Orientierungssatz
1. Mit Einführung der Regelung § 8 Abs 5 S 3 KHEntgG ist die abrechnungsmäßige Zusammenfassung getrennter stationärer Aufenthalte zu einem abrechenbaren Behandlungsfall in anderen als den in der Fallpauschalenvereinbarung - FPV (juris: FPVBG) genannten Fällen unter Verweis auf wirtschaftliches Alternativverhalten, insbesondere auch unter Verweis auf eine mögliche Beurlaubung als wirtschaftliches Alternativverhalten, ausgeschlossen.
2. Für die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung ist nur entscheidend, ob eine Beurlaubung umgesetzt wurde, nicht, ob das Krankenhaus den Patienten beurlauben hätte müssen (so auch BSG vom 28.3.2017 - B 1 KR 23/16 R).
3. Eine Beurlaubung setzt nach Wortlaut und Regelungssystem zu § 1 Abs 7 FPV eine bereits zum Zeitpunkt der Unterbrechung der Krankenhausbehandlung beabsichtigte Wiederaufnahme in das Krankenhaus voraus (vgl BSG vom 10.3.2015 - B 1 KR 3/15 R). Hierfür ist zwar nicht erforderlich, dass zum Zeitpunkt der Unterbrechung der Krankenhausbehandlung bereits feststeht, dass der Patient nach der Unterbrechung wieder aufgenommen wird, ausreichend aber auch erforderlich ist vielmehr, dass das Krankenhaus bei Behandlungsunterbrechung die Indikation für die Wiederaufnahme stellt, um die Behandlung zeitnah fortzusetzen, und der Therapieplan insoweit eine Wiederaufnahme in überschaubarer Zeit vorsieht (vgl BSG vom 28.3.2017 - B 1 KR 29/16 R = BSGE 123, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 61).
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.786,89 € nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. Juli 2021 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 3.786,89 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten weitere Kosten einer stationären Behandlung in Höhe von 3.786,89 €.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus, in dem vom 07.10.2019 bis zum 09.10.2019 und vom 15.11.2019 bis zum 17.11.2019 der bei der Beklagten Versicherte Herr D. stationär behandelt wurde. Ausweislich des Entlassbriefs zum ersten stationären Aufenthalt vom 09.10.2019 wurde der Versicherte notfallmäßig stationär aufgenommen bei akuter Harnverhaltung und Makrohämaturie bei u.a. Zustand nach TUR-P ca. 2009, durchgeführt wurden eine Zystoskopie, Tamponadeentfernung , TUR-Koagulation , Spül-K-Einlage und Spül-K-Entfernung. Der Versicherte wurde in die ambulante urologische Anbindung zur Durchführung von Verlaufskontrollen entlassen. Der Entlassbrief enthält bereits die Empfehlung für eine Re-TUR-Prostata in ca. 4 bis 6 Wochen zur Entfernung festgestellter Regeneratknoten , hierfür könne ein Termin im Krankenhaus der Klägerin vereinbart werden. Mit Rechnung vom 24.10.2019 brachte die Klägerin den ersten stationären Aufenthalt des Versicherten vom 07.10.2019 bis 09.10.2019 bei der Beklagten zur Abrechnung unter Zugrundelegung der DRG M02B (= Transurethrale Prostataresektion oder bestimmte andere Operationen an der Prostata ohne äußerst schwere CC) mit einem Gesamtbetrag nach Abzug der Selbstbeteiligung in Höhe von 3.756,89 €.
Am 15.11.2019 erfolgte erneute stationäre Aufnahme des Versicherten zur geplanten TUR-Prostata . Den zweiten stationären Aufenthalt des Versicherten vom 15.11.2019 bis 17.11.2019 rechnete die Klägerin mit Rechnung vom 02.12.2019 unter Zugrundelegung ebenfalls der DRG M02B mit einem Gesamtbetrag nach Abzug der Selbstbeteiligung in Höhe von 3.756,89 € ab.
Die Beklagte glich die beiden Rechnungen zunächst vollständig aus, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst (MD) mit der Rechnungsprüfung bei Fragestellung zunächst nach der Notwendigkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung sowie mit der weiteren Frage: "Handelt es sich bei den beiden Aufenthalten (7.10.-9.10.19 + 15.11.-17.11.19) um einen zusammenhängenden Behandlungsfall? Lag bei der Entlassung am 7.6.19 eine Indikation zur Fortführung des Behandlungsfalles vor? Hat der Patient, mit Zustimmung des behandelnden Krankenhausarztes, die Krankenhausbehandlung zeitlich befristet unterbrochen, obwohl die stationäre Behandlung noch nicht gänzlich abgeschlossen war?" Der MD bejahte zunächst die medizinische Notwendigkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung für die gesamte Behandlungszeit und führte zur weiteren Frage der Beklagten aus, aus medizinischer Sicht handele es sich bei den beiden Behandlungsabschnitten um einen einheitlichen durchgehenden Behandlungsfall, die im Krankenhaus notwendige medizinische Behandlung sei noch nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt und abgeschlossen gewesen, dies entspreche einer Beurlaubung im Sinne des § 1 Abs. 7 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV). Hierauf führte die Beklagte am 06.07.2021 eine Verrechnung mit weiteren unstreitigen Vergütungsansprüchen der Kläger...