Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten unter Berücksichtigung der Fallzusammenführung bzw. einer Beurlaubung des Versicherten
Orientierungssatz
1. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten bemisst sich nach den § 109 Abs. 4 SGB 5, § 9 KHEntgG, § 17b KHG i. V. m. dem Fallpauschalenkatalog.
2. Liegen weder die Voraussetzungen einer Fallzusammenführung nach § 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) noch diejenigen einer Beurlaubung des Versicherten nach § 1 Abs. 7 FPV vor, so ist eine Fallzusammenführung aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots des § 12 SGB 5 nicht zulässig.
3. Durch die Neufassung des § 8 Abs. 5 Satz 3 KHEntG ist das Wirtschaftlichkeitsgebot insoweit eingeschränkt worden, als eine Fallzusammenführung insbesondere aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht zulässig ist.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.670,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.04.2021 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 3.670,21 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob zwei stationäre Krankenhausaufenthalte mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer gGmbH ein nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus.
In der Zeit vom 28.02.20202 bis zum 20.03.2020 wurde die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Frau ..., geboren am 26.05.1935 (im Folgenden: Versicherte) vollstationär im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Dem in der beigezogenen Patientenakte befindlichen Entlassbrief vom 20.03.2020 ist zu entnehmen, dass die sich aufgrund einer zunehmenden Belastungsdyspnoe im Krankenhaus der Klägerin vorgestellt hat und bei den durchgeführten Untersuchungen ein Adenokarzinom diagnostiziert werden konnte. In der am 17.03.2020 stattfindenden Tumorkonferenz ist ausweislich des Entlassbriefs eine molekularpathologische Diagnostik empfohlen worden; zur Besprechung des weiteren Prozedere ist am 23.03.2020 ein Termin in der onkologischen Tagesklinik organisiert worden.
Die Klägerin stellte der Beklagten am 24.04.2020 den stationären Aufenthalt unter der Berücksichtigung der Diagnosis Related Groups (DRG) E71D (Neubildungen der Atmungsorgane, ein Belegungstag oder ohne äußerst schwere CC, ohne Bronchoskopie, ohne bestimmte Lungenbiopsie, ohne endoskopische Biopsie am Respirationstrakt mit einem Betrag von 7.235,41 EUR in Rechnung. Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag vollständig.
In der Zeit vom 30.03.2020 bis zum 11.04.2020 erfolgte die erneute Aufnahme der Versicherten wegen der Durchführung videothorakoskopischen Pleurektomie. Es wird vollumfänglich auf den Entlassbrief vom 10.04.2021 verwiesen
Die Klägerin stellte der Beklagten am 20.04.2020 den stationären Aufenthalt der Versicherten mit einer Gesamtsumme von 12.514,64 EUR unter Zugrundelegung der DRG E10C (Revisionseingriffe, beidseitige Lobektomie, erweiterte Lungenresektionen und andere komplexe Eingriffe ohne kompl. Konst., ohne hochkomplexen Eingriff, ohne kompl. Diagnose, ohne best. Revisionseingriff, ohne beids. Lobektomie, ohne erw. Lungenres) in Rechnung. Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag vollständig und leitete hinsichtlich beider Aufenthalte am 18.06.2021 ein Prüfverfahren bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) N. ein.
Mit Gutachten vom 25.01.2021 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass es sich aus medizinischer Sicht eindeutig um einen einheitlichen Behandlungsfall gehandelt habe, da die Behandlung der zur ersten Aufnahme führenden Erkrankung zum Zeitpunkt der Entlassung noch nicht abgeschlossen gewesen und eine Fortsetzung in einem überschaubaren Zeitraum erforderlich gewesen sei. Es sei nur eine Fallpauschale für beide Teilzeiträume abrechenbar. Es hätte eine Beurlaubung nach § 1 Abs. 7 Fallpauschalenvereinbarung (FPV) erfolgen können, die nach der Klarstellung der Vertragsparteien nur bei onkologischen Chemotherapiezyklen nicht zur Anwendung gelange.
Die Beklagte teilte der Klägerin am 04.02.2021 das Ergebnis des MDK-Gutachtens mit und forderte die Klägerin zur Erstattung eines Betrages von 3.750,05 EUR auf.
Die Klägerin teilte der Beklagten am 01.04.2021 mit, dass die DRG des ersten Aufenthaltes im Fallpauschalenkatalog mit der Kennzeichnung "Ausnahme von der Wiederaufnahme" gekennzeichnet sei und sich die Rechtlage durch § 8 Abs. 5 KHEntgG geändert habe.
Die Beklagte verwies darauf, dass die beiden Behandlungsfälle zusammenzuführen seien.
Unter dem 27.04.2021 teilte die Beklagte mit, dass der Erstattungsanspruch nach § 10 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) aufgerechnet werde. Hinsichtlich der Aufrechnungseinzelheiten wird auf das Zahlungsavis vom 27.04.2021, Blatt 40 und 41 der Gerichtsakte verwiesen.
Die Klägerin hat am 27.06.2021 Klage vor dem Sozialgerich...