Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Vermögenseinsatz. Kraftfahrzeug eines behinderten Sozialhilfeempfängers. Härteregelung. Angemessenheit des Kraftfahrzeugs. Wertgrenze von 7500 Euro. Übersteigen der Angemessenheitsgrenze. Barvermögen
Orientierungssatz
1. Ist ein Leistungsberechtigter nach dem SGB 12 aufgrund seiner Behinderung auf die Haltung eines Kraftfahrzeugs angewiesen, kann das Fahrzeug einen nach § 90 Abs 3 S 1 SGB 12 geschützten Vermögensgegenstand darstellen.
2. Bezüglich der Beurteilung der Angemessenheit des zu sozialhilferechtlich anerkennungsfähigen Zwecken gehaltenen Kraftfahrzeugs kann die im SGB 2 geltende Wertgrenze von 7500 Euro zugrunde gelegt werden.
3. Übersteigt der Verkehrswert des Kraftfahrzeugs die Angemessenheitsgrenze von 7500 Euro, so ist eine Verwertung dennoch nicht zu verlangen, wenn der die Angemessenheitsgrenze übersteigende Betrag (hier: 1000 Euro) noch unter dem Gesichtspunkt der Ausschöpfung der Freibetragsgrenzen für Barvermögen zu beurteilen ist.
Tenor
I. Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 31. März 2011 wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der notwendigen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 5.678,21 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Gegenstand der vorliegenden Klage ist die Frage, ob der Kläger verpflichtet ist, die dem Beigeladenen seit 11.11.2008 in Form eines rückzahlbaren Darlehens bewilligten Leistungen als Zuschuss zu bezahlen.
Der 1965 geborene Beigeladene ist aufgrund einer langjährigen Nierenerkrankung und nach einer missglückten Transplantation voll erwerbsgemindert und schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100; das Merkzeichen G ist anerkannt. Er bezieht eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Am 11.11.2008 beantragte er Hilfe zum Lebensunterhalt beim Kläger. Im Antrag gab er als Vermögen einen PKW Nissan Micra an, Baujahr 2008, der seit 15.07.2008 auf ihn zugelassen ist. Der Wert wurde von ihm selbst mit 8.500 EUR angegeben.
Mit Bescheid vom 11.11.2008 lehnte der Kläger die beantragten Leistungen zunächst wegen übersteigenden Vermögens ab.
Mit Widerspruch vom 21.11.2008 wies der Beigeladene auf seine Erkrankung hin und machte einen Härtefall geltend, da er aufgrund dieser Erkrankung auf den Pkw angewiesen sei.
Der Kläger ließ daraufhin die Notwendigkeit der Kfz-Haltung über das Gesundheitsamt überprüfen, das in einer Stellungnahme vom 26.02.2009 zum Ergebnis kam, dass der Beigeladene aufgrund seiner Erkrankungen auf ein einigermaßen zuverlässiges Fahrzeug angewiesen sei, das nicht durch häufige Werkstattzeiten ausfallen sollte. Die eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit mache es ihm nachvollziehbar und glaubhaft unmöglich, seine täglichen Einkäufe, wie auch die für die Beheizung der Wohnung erforderlichen Brennstoffe ohne Kraftfahrzeug in die Wohnung zu bringen. Daneben sei er tatsächlich auf häufige Arztkontakte angewiesen.
Der Kläger legte den Widerspruch am 06.03.2009 der Regierung von Schwaben zur Entscheidung vor und wies darauf hin, dass die Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebensführung auch mit einem günstigeren Fahrzeug möglich wäre.
Am 03.04.2009 stellte der Beigeladene beim Sozialgericht einen Eilantrag (S 15 SO 38/09 ER), in dem er auch seine räumliche Situation schilderte. Die nächste Bushaltestelle sei 1 km einfach entfernt und die Fahrzeiten auch von der Frequenz nicht ausreichend, da er sich zuhause alle vier Stunden einer Blutwäsche unterziehen müsse.
Der Kläger räumte im Antragsverfahren ein, dass der Beigeladene aus medizinischen Gründen ein einigermaßen zuverlässiges Fahrzeug benötige. Allerdings sei durch ihn nicht nachvollziehbar dargelegt, dass er auch auf ein neuwertiges Fahrzeug angewiesen sei, weswegen in der Verwertung weiter keine besondere Härte gesehen werde, da aus dem Verkaufserlös auch ein anderes zuverlässiges Fahrzeug angeschafft werden könnte, dessen Wert die Vermögensfreigrenze nicht überschreite.
Auf Anregung des Gerichts bewilligte der Kläger dem Beigeladenen mit Bescheid vom 15.05.2009 Hilfe zum Lebensunterhalt als Darlehen, dessen Rückzahlung nach Unanfechtbarkeit des Bescheids erfolgen solle.
Das Eilverfahren wurde daraufhin einvernehmlich erledigt. In der Folgezeit ergingen weitere Bewilligungsbescheide vom 22.07.2009 und 22.04.2010, wiederum als Darlehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2011 hob der Beklagte die Bescheide vom 11.11.2008, 22.07.2009 und 22.04.2010 auf und verpflichtete den Kläger, die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ab 11.11.2008 als Zuschuss zu gewähren. Zur Begründung führte er aus, dass das Fahrzeug im vorliegenden Fall nach der medizinischen Stellungnahme als Gegenstand geschützt sei. Daher könne bezüglich seines Werts nicht auf die für Barvermögen geltende Grenze von 1.600 EUR verwiesen werden. Bezüglich der Angemessenheit eines als geschützt angesehenen Fahrzeugs werde auf das Urteil des BSG vom 06.09.2007 (B 14/7b AS 66/06 R) verwiesen, wonach ein Pkw mit einem Verkehrswert bis zu 7.500 E...