Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 3101. Einwirkungskausalität. erhöhte Infektionsgefahr. Durchseuchung des Arbeitsumfeldes. Zeitpunkt. Nachweis. Hepatitis C. Arzthelferin

 

Leitsatz (amtlich)

Hepatitis C als Berufskrankheit bei Arzthelferin.

 

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 18. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2014 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Hepatitis C-Infektion der Klägerin eine Berufskrankheit nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Feststellung einer Hepatitis C-Infektion als Berufskrankheit (BK) nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK 3101), also Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war.

Die 1969 geborene Klägerin absolvierte von September 1985 bis August 1987 eine Ausbildung zur Arzthelferin und war seitdem als solche bzw. als medizinische Fachangestellte (MFA) in verschiedenen Arztpraxen tätig, unterbrochen von Kindererziehungszeiten zwischen Juni 1993 und 2000. Anlässlich des Wechsels des Arbeitgebers wurde am 19. August 2013 im Rahmen der Einstellungsuntersuchung eine akute und chronische Hepatitis C festgestellt.

Diese Infektion wurde der Beklagten im August 2013 als Verdacht auf eine Berufskrankheit angezeigt. Im Zuge ihrer Ermittlungen holte die Beklagte verschiedene Auskünfte bei den bisherigen Arbeitgebern der Klägerin ein. Darin wurde auch ausgeführt, die Klägerin habe sich im Rahmen von Blutentnahmen öfter mal eine Stichverletzung zugezogen. Die Klägerin selbst gab dazu an, sie habe die üblichen Arzthelferinnentätigkeiten wie Blutabnahmen, Verbände, Büroarbeit, EKG und Patientenbetreuung erledigt. Beschwerden habe sie keine; Ehemann und Kinder seien ebenfalls getestet worden, ohne dass eine Hepatitis C feststellbar gewesen sei.

Der Gewerbearzt hielt in seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2014 die medizinischen und arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK 3101 für gegeben und empfahl die Anerkennung als Berufskrankheit. Auf nochmalige Anfrage der Beklagten teilte er unter dem 12. Februar 2014 mit, die Klägerin sei seit 1985 in verschiedenen Arztpraxen tätig und dabei auch mit Blutabnahmen beschäftigt gewesen. Diese Tätigkeit gehe mit der Möglichkeit von Nadelstichverletzungen einher, zumal in früheren Zeiten die Schutzmaßnahmen mangelhaft gewesen seien. Verbandbücher zu führen, sei nicht üblich gewesen und Stichverletzungen als normales Berufsrisiko angesehen worden. Es handle sich also um eine Tätigkeit mit erhöhtem Infektionsrisiko. Die Infektion könne schon lange bestehen, da sie lange Jahre inapparent verlaufen könne.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18. März 2014 dennoch die Anerkennung als BK 3101 ab, weil die Klägerin als MFA keiner besonderen Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen sei. Auch eine konkrete Infektionsquelle habe nicht ermittelt werden können. Zwar habe sie die üblichen Arzthelferinnentätigkeiten ausgeübt, konkrete Stichverletzungen seien aber nicht dokumentiert. Ein besonderes Infektionsrisiko bezüglich Hepatitis C sei nur bei bestimmten Tätigkeiten im Gesundheitsbereich gegeben wie z.B. in Operationseinheiten, Notaufnahmen, zahnärztlichen Behandlungseinheiten, Dialyseeinrichtungen oder Krankenhausstationen mit frisch operierten Patienten mit Blutungen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2014 zurückgewiesen. Dabei wurde noch ergänzt, dass hinsichtlich der beruflichen Tätigkeiten der Klägerin kein besonders erhöhtes Risiko feststellbar gewesen sei. Dieses bestehe nur bei regelmäßigen und häufigen Tätigkeiten mit Verletzungsrisiko oder Blutinokulation. Auf die Tätigkeiten bei Kinder- und Frauenärzten treffe das nicht zu.

Dagegen hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 28. August 2014 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Die Klägerin habe alle mit dem Berufsbild der Arzthelferin bzw. MFA verbundenen Tätigkeiten verrichtet, namentlich Wundversorgung, Blutabnahmen, Entsorgung von Spritzen und Kanülen. Sie habe Umgang mit kranken und infizierten Patienten gehabt und auch Kontakt mit mehreren an Hepatitis C erkrankten Patienten. Damit liege eine deutlich erhöhte Ansteckungsgefahr vor.

Die Beklagte hat ihre Argumentation, weshalb keine besonders erhöhte Infektionsgefahr bezüglich Hepatitis C vorgelegen habe, weiter vertieft.

Für die Klägerin wird beantragt:

Der Bescheid der Beklagten vom 18. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2014 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Hepatitis C-Infektion der Klägerin eine Berufskrankheit nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.

Für die Beklagte wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Er...

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