Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Geschäftsgebühr. doppelte Mindestgebühr. isoliertes Vorverfahren gegen die Festsetzung einer Mahngebühr. Vorbefassung des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren gegen den den Mahnbetrag festsetzenden Bescheid

 

Leitsatz (amtlich)

Für ein Widerspruchsverfahren gegen eine von der BA festgesetzte Mahngebühr von 6,00 Euro (Mahnbetrag: 1.022,91 Euro) ist bei einem Gebührenrahmen von 50,00 bis 640,00 Euro eine Geschäftsgebühr von 100,00 Euro (doppelte Mindestgebühr) als Vergütung des - mit dem Widerspruch - gegen den den Mahnbetrag festsetzenden Bescheid des zuständigen Jobcenters vorbefassten Rechtsanwalts angemessen.

 

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 6. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2016 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der von der beklagten Bundesagentur für Arbeit zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren für ein isoliertes Vorverfahren wegen einer Mahngebühr.

Das zuständige Jobcenter hatte mit Bescheid vom 07.04.2016 gegen die im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stehende Klägerin Erstattungsforderungen in Höhe von insgesamt 1.022,91 Euro erhoben. Vertreten durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten hatte die Klägerin hiergegen Widerspruch eingelegt.

Mit Schreiben vom 19.05.2016 forderte die Beklagte die Klägerin unter Verhängung einer Mahngebühr von 6,00 Euro auf, innerhalb von zwei Wochen den Gesamtbetrag von 1.028,91 Euro zu zahlen, der aus dem Bescheid des zuständigen Jobcenters vom 07.04.2016 resultiere und seit dem 25.04.2016 fällig sei. Bleibe die Zahlung aus, werde die mit weiteren Kosten verbundene zwangsweise Einziehung veranlasst.

Hiergegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin für diese am 29.05.2016 Widerspruch und machte geltend, die Festsetzung der Mahngebühr sei nicht gerechtfertigt, da der Bescheid des Jobcenters vom 07.04.2016 nicht bestandskräftig sei. Das diesbezügliche Widerspruchsverfahren sei noch nicht abgeschlossen.

Dem folgend hob die Beklagte mit Abhilfebescheid vom 06.06.2016 die Festsetzung der Mahngebühr auf, erkannte die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten als notwendig an und erklärte sich bereit, die der Klägerin im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten zu übernehmen, soweit sie notwendig waren und nachgewiesen würden.

Im nachfolgenden Erstattungsverfahren machte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Kostennote vom 15.06.2016 unter Einbeziehung unter anderem einer Geschäftsgebühr nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) i.V.m. Nr. 2302 Vergütungsverzeichnis (VV) zum RVG in Höhe von 180,00 Euro Kosten von 238,00 Euro geltend.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 06.07.2016 erkannte die Beklagte unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr von 150,00 Euro einen Betrag von 202,30 Euro als notwendige Aufwendungen an. Die Erhebung einer Geschäftsgebühr von 180,00 Euro sei unbillig und daher für sie nicht verbindlich. Bei einer Mahngebühr von 6,00 Euro seien die rechtliche Schwierigkeit, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit weit unterdurchschnittlich.

Am 05.08.2016 erhob die Klägerin Widerspruch. Ihr Bevollmächtigter führte zur Begründung aus, die Reduzierung der Geschäftsgebühr von 180,00 Euro auf 150,00 Euro durch die Beklagte sei nicht zulässig. Weder der Leistungsträger noch die Gerichte dürfen das Ermessen des Rechtsanwalts durch eigenes Ermessen ersetzen, wenn die Höhe der vom Rechtsanwalt festgesetzten Gebühren die vom Leistungsträger bzw. Gericht für angemessen gehaltene Gebühr die 20 %-Grenze nicht überschreite.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2016 als unbegründet zurück. Eine Erhöhung um die Toleranzgrenze sei nur dann gerechtfertigt, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war. Hier handele es sich um einen der einfachsten und aufwandsärmsten Fälle, die im Bereich des Sozialrechts überhaupt auftreten können.

Hiergegen erhob die Klägerin am 04.11.2016 Klage zum Sozialgericht Augsburg. Zur Begründung wiederholte ihr Bevollmächtigter sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 06.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 zu verurteilen, ihr für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 19.05.2016 Aufwendungen entsprechend der Kostennote vom 15.06.2016 in Höhe von insgesamt 238,00 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung höherer Aufwendungen nach ...

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