Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Versicherten auf Versorgung mit einer motorisierten Schulterbewegungsschiene nach Operation einer Rotatorenmanschettenruptur
Orientierungssatz
1. Der Versicherte hat nach § 33 Abs. 1 S. 1 SGB 5 Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel, um u. a. den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Hierzu zählt eine motorisierte Schulterbewegungsschiene - sog. CMP-Schiene - nach Schulteroperation einer Rotatorenmanschettenruptur.
2. Die Therapiefreiheit des verordnenden Vertragsarztes steht unter dem Vorbehalt des Leistungsrechts und ist durch das Wirtschaftlichkeitsgebot der gesetzlichen Krankenversicherung eingeschränkt. Die Notwendigkeit ist anhand der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls zu prüfen.
3. Die häusliche Eigenanwendung von Bewegungsschienen nach rekonstruktiven Eingriffen an der Schulter entspricht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse.
4. Für den Nachweis des therapeutischen Nutzens von Hilfsmitteln gelten nicht die Beweisanforderungen des § 135 SGB 5.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 28.06.2006 verurteilt, der Klägerin 560,-- € zu erstatten.
Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichten Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von ihr aufgewendeter Kosten für die Überlassung einer motorisierten Schulterbewegungsschiene (sogenannte: CPM-Schiene, continuous passive motion).
Die 1950 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin unterzog sich am 18.01.2006 wegen einer Rotatorenmanschettenruptur einer Schulteroperation. Sie wurde am 25.01.2006 aus stationärer Behandlung entlassen. Empfohlen wurden ausweislich des Entlassungsberichts des Klinikums Emden vom 25.01.2006 die Fortsetzung der physikalischen Therapie sowie passive Bewegungsübungen mittels CPM-Schiene. Mit Datum vom 25.01.2006 stellte der Hausarzt Dr. F. eine Verordnung über eine Motorschiene für sechs Wochen aus. Hierüber schloss die Klägerin mit der Firma G. in H. unter dem 25.01.2006 einen Mietvertrag, wonach ihr eine Motorbewegungsschiene des Typs Artromot für das Schultergelenk für einen Zeitraum von 28 Tagen zu einem Mietpreis von 560,-- € inkl. Mehrwertsteuer zur Verfügung gestellt wurde. Die Schulterbewegungsschiene wurde von der Klägerin in der Zeit vom 25.01. bis 21.02.2006 benutzt. Hierfür stellte die Firma G. ihr mit Schreiben vom 21.02.2006 den vereinbarten Betrag in Höhe von 560,-- € in Rechnung.
Den unter Vorlage der ärztlichen Verordnung und eines Kostenvoranschlags der Firma G. vom 25.01.2006 per Telefax vom selben Tage gestellten Antrag auf Kostenübernahme lehnte die Beklagte mit einem offensichtlich versehentlich auf den 28.02.2006 datierten Bescheid ab. Zur Begründung gab sie ohne vorherige Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) an, eine medizinische Notwendigkeit für die Schulterbewegungsschiene sei nicht gegeben. Laut Stellungnahme des MDK seien bei der Erkrankung der Klägerin physiotherapeutische Maßnahmen (Krankengymnastik, Ergotherapie) und die regelmäßige Durchführung von erlernten Eigenübungen sinnvoll und ausreichend.
Auf den Widerspruch der Klägerin (eingegangen am 20.02.2006) holte die Beklagte nunmehr ein nach Aktenlage erstattetes Gutachten des MDK vom 17.03.2006 ein. Darin heißt es, die medizinische Notwendigkeit zur passiven Bewegung eines Schultergelenks mit einer motorbetriebenen Bewegungsschiene nach Rekonstruktion der Rotatorenmanschette bei Ruptur könne nicht bestätigt werden. Bisher habe keine Schulterbewegungsschiene die Kriterien für die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis erfüllt. Weiterhin seien auch die erforderlichen "funktions- und sicherheitstechnischen Kriterien" nicht gegeben. Schädigungen bei Eigenanwendung durch die Versicherten im häuslichen Bereich seien möglich. Der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit und des therapeutischen Nutzens sei bisher nicht geführt worden. Adäquate Behandlungsmethode sei vorliegend eine krankengymnastische Übungsbehandlung, unterstützt durch häusliche Eigenübungen. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2006 als unbegründet zurück. Nach einem Grundsatzgutachten des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) vom 15.10.2002 sei ein therapeutischer Nutzen einer passiven Bewegungstherapie unter Einsatz fremdkraftbetriebener Bewegungsschienen im häuslichen Bereich nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. Die passiven Motorbewegungsschienen seien daher inzwischen aus dem Hilfsmittelverzeichnis herausgenommen worden. Auch im Einzelfall der Klägerin liege nach Feststellung des MDK keine medizinische Indikation für die Anwendung der Bewegungsschiene vor. Eine unkontrollierte Eigenanwendung im häuslichen Bereich könne sogar zu gesundheitlichen Schäden führen.
Mit der am 13.07.2006 erhobenen Klage macht die Klägerin unter Vo...