Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. kein Kostenerstattungsanspruch für Mietkosten einer Kniebewegungsschiene. Erforderlichkeit eines positiven Votums des Gemeinsamen Bundesausschusses zum therapeutischen Nutzen vor der Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Erstattung der Kosten für die Anmietung einer ARTROMOT-K2-Bewegungsschiene (CPM-Kniebewegungsschiene).
2. Ohne vorheriges positives Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses zum therapeutischen Nutzen der Behandlung durch Bewegungsschienen kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen entsprechende Maschinen nicht im Hilfsmittelverzeichnis listen und darf eine Krankenkasse sie ihren Mitgliedern nicht als Sachleistung zur Verfügung stellen.
Nachgehend
BSG (Vergleich vom 21.07.2011; Aktenzeichen B 3 KR 11/10 R) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.6.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für die Anmietung einer ARTROMOT-K2-Bewegungsschiene (CPM-Kniebewegungsschiene).
Der 1969 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger wurde am 2.2.2006 in der Orthopädischen Klinik M. wegen eines Knorpelschadens am linken Kniegelenk aufgenommen, am 3.2.2006 operiert und am 7.2.2006 entlassen. Es wurden eine Innenmeniskus-Teilresektion links, eine Abrasionschondroplastik med. Femurkondylus und med. Tibiaplateau links, ein Chondropick med. Femurkondylus und med. Tibiaplateau links sowie eine valg. additive Tibiakopf-Umstellungsosteotomie (Tomofix-Sysem) links vorgenommen. Im ärztlichen Bericht vom 6.2.2006 an den weiterbehandelnden Arzt (Bl. 5 SG-Akte) heißt es unter “Procedere„ u.a.: 8 Wochen 10 kg Teilbelastung; 8 Wochen CPM-Schiene zur Unterstützung der Knorpelregeneration 4x30 Minuten täglich unbedingt erforderlich.
Am Dienstag, den 3.2.2006 übersandte die Fa. O. (Leistungserbringer) der Beklagten einen Kostenvoranschlag (Mietpauschale für 56 Tage 672,08 €) und den Antrag auf Übernahme der Mietkosten mit dem Vermerk “eilige Patientenversorgung„. Beigefügt war eine Verordnung des Chefarztes der Orthopädischen Klinik M. Dr. R., der dem Kläger (auf Kassenrezept) zur Weiterbehandlung nach der Entlassung aus dem Krankenhaus eine CPM-Schiene auf Mietbasis für 2 Monate verordnete. Auf der Verordnung ist der Vermerk angebracht “OP 3.2.2006, Entl. 6.2.2006„.
Mit Schreiben vom 6.2.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, eine abschließende Bearbeitung sei noch nicht möglich, da erst der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) befragt werden müsse; es werde um Geduld gebeten. Am gleichen Tage leitete sie die Unterlagen dem MDK zu. Im MDK-Gutachten vom 7.2.2006 führte Dr. B. aus, CPM-Schienen seien fremdkraftbetriebene Bewegungsapparate zur kontinuierlichen, programmierten passiven Durchbewegung einer Extremität. Sie würden vielfach unmittelbar postoperativ zur frühfunktionellen Beübung nach Gelenkeingriffen eingesetzt. Fremdkraftbetriebene Bewegungsschienen seien 1996 unter der Produktgruppe 32 für die frühfunktionelle Beübung (u.a.) der Kniegelenke in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden; in der Untergruppe 32.04.01.0 seien 2 Kniebewegungsschienen aufgeführt gewesen. Zwischenzeitlich hätten sich die Anforderungen an den Nachweis des therapeutischen Nutzens verschärft (vgl. BSG, Urt. v. 30.8.2000, - B 3 KR 21/99 R -), weshalb man die vom Patienten zu Hause eingesetzten CPM-Schienen einer kritischen Neubewertung unterzogen habe. Diese habe ergeben, dass ein therapeutischer Nutzen im Hinblick auf die (auch vorliegend relevanten) Kriterien des § 135 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht belegt sei. Deswegen seien die Produktuntergruppen und Produktarten zu den fremdkraftbetriebenen Bewegungsschienen aus dem Hilfsmittelverzeichnis gestrichen worden. Die beiden Kniebewegungsschienen KINETEC Optima und ARTROMOT K2 PRO seien aber vorerst noch im Hilfsmittelverzeichnis gelistet, könnten jedoch weder einer Produktart noch einer Indikation zugeordnet werden. Beim Kläger sei ein Zustand nach IM Teilresektion links, Abrasion, Chondropick links, Umstellungsosteotomie links zu diagnostizieren. Diese Situation habe bis 7.8.2004 eine Indikation für den auf maximal 4 Wochen befristeten häuslichen Einsatz einer CPM-Schiene dargestellt. Im Rahmen der postoperativen Behandlung würden vielfach CPM-Schienen eingesetzt. Dabei werde im Allgemeinen auf die Notwendigkeit der Umwandlung von Bindegewebszellen in Faserknorpelzellen durch die kontinuierliche Bewegung verwiesen. Für diese Argumentation fänden sich in der internationalen Literatur aber keine hinreichend belegten Studien. Die Nachbehandlung nach operativen Eingriffen am Knorpel sei ungleich mühevoller als nach Meniskus- oder Kreuzbandoperationen. Erforderlich sei eine lange Entlastungsphase, weswegen sich die Rehabilitation auf we...