Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Ersatzzeit bei der Klägerin für die Zeit vom 01.01.1956 bis 31.12.1956 nach § 250 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und eine sich hieraus ergebende höhere Rente der Klägerin im Wege des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Die am 1940 geborene Klägerin ist nach ihren Angaben in M., Russische Förderation geboren und am 29.04.1994 aus V., Kasachstan in die Bundesrepublik Deutschland verzogen. Sie ist Spätaussiedlerin mit einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 Bundesvertriebenengesetz.

Erstmals mit Bescheid vom 26.01.1996 wurde der Versicherungsverlauf der Klägerin geklärt, es wurden Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) ab dem 01.01.1959 anerkannt.

Auf ihren Antrag vom 06.09.2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 16.10.2000 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 01.12.2000. Diesem Bescheid lagen u.a. FRG-Zeiten ab dem 01.01.1959 zugrunde.

Mit Schreiben vom 23.03.2012 beantragte die Klägerin die Überprüfung ihrer Altersrente im Wege des § 44 SGB X.

Nach einem von der Klägerin übersandten Fragebogen wegen Zeiten der Internierung und Verschleppung außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland vom 16.05.2012 gab die Klägerin u.a. an, sie sei seit Herbst 1941 in Kasachstan interniert gewesen. Herbst 1941 sei eine Verschleppung durch sowjetische Behörden aus dem Wolga-Gebiet nach Kasachstan erfolgt, Grund hierfür sei ihre deutsche Volkszugehörigkeit gewesen. Aus der Internierung/Verschleppung sei sie Herbst/Winter 1956 in Kasachstan entlassen worden. Eine zwangsweise Arbeitsverpflichtung sei hieran anschließend nicht erfolgt, bis 1994 habe sie in Kasachstan gelebt, ihr sei die Rückkehr nach Deutschland verboten worden. Sie habe den Willen zur Rückkehr bereits während der Kommandatur gehabt, es habe aber ein Ausreiseverbot bestanden, der Wille zur Rückkehr sei von ihr nie aufgegeben worden.

Mit Bescheid vom 30.05.2012 stellte die Beklagte die Altersrente der Klägerin ab 01.12.2000 neu fest. Es wurden versicherungsrechtliche Zeiten bei der Klägerin für die Zeit vom 01.01.1974 bis 23.08.1976 neu bewertet. Die Zeit vom 17.11.1954 bis 31.12.1956 wurde nicht als Ersatzzeit anerkannt, da der Aufenthalt nicht fristgerecht in die Bundesrepublik Deutschland verlegt worden sei, es seien auch unzureichende Angaben zum Ende der Kommandaturzeit gemacht worden, eine Entscheidung über die Ersatzzeit "Rückkehrverhinderung" sei damit nicht möglich.

Im hiergegen geführten Widerspruchsverfahren teilte die Klägerin mit Schreiben vom 08.10.2012 mit, sie wisse aus vielen Erzählungen ihrer Eltern, dass es deren sehnlichster Wunsch gewesen sei, nach Hause, ins M./Wolgagebiet, zurückkehren zu können. Die Eltern hätten dort ein eigenes Grundstück mit Haus, Bauernhof mit Vieh und Garten besessen. Die Beklagte zog die Versichertenakte der Mutter der Klägerin C. S. (CS), geb. 1913, bei. In deren Fragebogen für Zeiten der Internierung und Verschleppung außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland vom 18.06.1997 gab CS an, sie sei von 1941 bis 12/1955 von der sowjetischen Armee interniert worden, eine Verschleppung der CS sei 09/1941 erfolgt, Grund hierfür sei deren deutsche Volkszugehörigkeit gewesen. Bis 1997 habe sie sich in R., K., Kasachstan aufgehalten, Grund hierfür sei der "Arbeitsplatz" gewesen. CS habe den festen Willten zur Übersiedlung nach Deutschland bereits unmittelbar an die Zeit der Internierung gehabt, der "Wunsch nach Deutschland zu fahren war immer da". Sie habe ca. 1994 einen Aufnahmeantrag im BVA gestellt, eine frühere Rückkehr habe sie nicht geplant, weil "früher keine Verwandten und Freunde in Deutschland" gewesen seien, "die Kinder wollten nicht eher fort".

Mit Bescheid vom 11.12.2012 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und stellte die Altersrente der Klägerin ab 01.12.2000 neu fest. Die Zeit vom 17.11.1954 bis 31.12.1955 wurde als Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI anerkannt, der Vormerkungsbescheid vom 16.10.2000 wurde nach § 44 SGB X zurückgenommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2013 wurde der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Zeiten der Lagerhaft, in denen eine wesentliche Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit vorgelegen habe, seien nach bisheriger Festlegung als Ersatzzeit wegen Internierung/Verschleppung nach § 250 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI anerkannt worden. Zeiten unter russischer Kommandaturaufsicht seien nunmehr unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 17.02.2005 - B 13 RJ 25/04 R auch als Ersatzzeiten wegen "Festgehaltenwerden aufgrund feindlicher Maßnahmen" i.S.v. § 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI anzuerkennen. Der Tatbestand des "Festgehaltenwerdens setze einen subjektiven Rückkehrwillen des Versicherten oder bei Minderjährigen einen Rückkehrwillen der Eltern voraus, jedoch nur für die Dauer der Kommandaturaufsicht, nicht für...

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