Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Anerkennung einer krankheitsbedingten Unterbrechung einer Beschäftigung als Anrechnungszeit

 

Orientierungssatz

1. Anrechnungszeiten sind nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB 6 Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind. Eine solche Zurechnungszeit liegt nach Abs. 2 S. 1 der Vorschrift nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen ist.

2. Nach dem Urteil des BSG vom 25. 2. 2010, B 13 R 116/09 R entfällt der krankenversicherungsrechtliche Berufsschutz für eine bestimmte Tätigkeit dann, wenn bei Beginn der gesundheitlichen Beeinträchtigung bereits ein Dreijahreszeitraum seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses vergangen ist. Bei fortdauernder Erkrankung nach dem Dreijahreszeitraum entfällt der nachgehende Berufsschutz für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Beurteilungsmaßstab sind dann sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 11.12.2019; Aktenzeichen B 13 R 324/18 B)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreites sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung der Zeiten vom 04.07.2009 bis 30.09.2011, vom 04.10.2011 bis 23.12.2011 und vom 27.12.2011 bis zum 25.05.2012 als Anrechnungszeiten.

In dem vor dem Sozialgericht Bayreuth geführten Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen S 7 R 762/10 hat der Beklagtenvertreter einen Versicherungsverlauf vom 08.05.2012 vorgelegt, nach dem sich zum 20.05.2012 lediglich 27 Monate mit Pflichtbeitragszeiten ergaben. Der Kläger hat in der Anlage zum Schreiben vom 08.06.2012 der Beklagten die Kopie einer Mitteilung über Vorerkrankungen vom 01.06.2012 der A.-Betriebskrankenkasse überreicht. Danach hatte der Kläger folgende Arbeitsunfähigkeitszeiten bei der A.-Betriebskrankenkasse hinterlegt: 07.07.2008 bis 17.04.2009, 20.04.2019 bis 30.09.2011, 04.10.2011 bis 23.12.2011, 27.12.2011 bis 25.50.2012. Mit dem Bescheid vom 19.07.2012 stellte die Beklagte nunmehr fest, dass mit Bescheid vom 29.09.2009 die Zeiten vom 18.08.2008 bis 17.04.2009 sowie 20.04.2009 bis 03.07.2009 als Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit ohne Leistungsbezug anerkannt worden seien.

Der Bescheid sei rechtswidrig, weil diese Zeiten zu Unrecht anerkannt worden seien.

Nach § 58 Abs. 1 Satz Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) liege eine Anrechnungszeit nur vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit ohne Leistungsbezug innerhalb von 3 Jahren nach dem Ende des Arbeits-/Beschäftigungsverhältnisses begonnen habe.

Die letzte Beschäftigung sei bis 31.05.2002 ausgeübt worden.

Damit ergibt sich ein Dreijahreszeitraum vom 01.06.2002 bis 31.05.2005.

Der Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 18.08.2008 liege damit nicht mehr in dem Dreijahreszeitraum.

Eine Rücknahme dieses Bescheides sei aus Fristgründen jedoch nicht mehr möglich. Die rechtswidrig anerkannten Zeiten würden bei künftigen Leistungsansprüchen berücksichtigt. Die sich daraus ergebende höhere Rente werde solange unverändert gezahlt, bis die aus den eigentlich zu berücksichtigenden Zeiten berechnete niedrigere Rente infolge der Rentenanpassungen diesen Betrag erreiche.

Am 23.07.2012 erließ die Beklagte einen Bescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI und übersandte dem Kläger einen Versicherungsverlauf in der Anlage zu diesem Bescheid. Insbesondere traf die Beklagte in dem Bescheid vom 23.07.2012 folgende Feststellung: “Die Zeit vom 04.07.2009 bis 30.09.2011, vom 04.10.2011 bis 23.12.2011, vom 27.12.2011 bis 31.12.2011, vom 01.01.2012 bis 25.05.2012 kann nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden, weil eine Arbeitsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Vorschriften nicht vorlag.„.

Der Bevollmächtigte des Klägers legte gegen diesen Bescheid mit dem Schreiben vom 16.08.2012 Widerspruch ein und begründete den Widerspruch mit dem Schreiben vom 06.02.2013. Er führte im Wesentlichen aus, dass die Beklagte unter Anwendung eines Rechtsgedankens des § 49 Abs. 1 SGB V fordere, dass die Arbeitsunfähigkeit innerhalb von drei Jahren nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses begonnen haben müsse. Eine Übertragung auf den vorliegenden Fall sei jedenfalls nicht gerechtfertigt und mit dem Sinn und Zweck des § 43 Abs. 4 SGB VI nicht vereinbar. Der Zeitraum vom 01.06.2002 bis zum 26.05.2003 sei eine Pflichtbeitragszeit wegen Arbeitslosigkeit. Schon dies passe mit dem § 49 Abs. 1 SGB V nicht zusammen. Danach folge lückenlos eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit bis 17.08.2008. Weiter folge lückenlos eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit, die nur bis zum 03.07.2009 anerkannt werde, danach werde lediglich eine Überbrückungszeit berücksichtigt. Der Versicherte weise einen praktisch lückenlosen Versicherungslauf auf. Die Umstände seien nicht von ihm zu vertreten. Hier müsse jedenfalls der Rechtsgedanke, der auch Überbrückungszeiten zugrunde lege, übertragen werden. Überbrückungszeiten würden bei unverschuldeten Lücken anerkannt. Übertrage man den Gedanken der fehlenden Vert...

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