Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht: Entschädigung für Opfer von Gewalttaten. Voraussetzung der Annahme eines tätlichen Angriffs als Entschädigungsvoraussetzung bei einem ärztlichen Eingriff
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch auf Opferentschädigung setzt einen körperlichen Angriff auf eine Person voraus. Lediglich psychischen Druck genügt dagegen nicht zur Begründung eines Anspruchs auf Opferentschädigung.
2. Ein ärztlicher Eingriff begründet auch dann, wenn er als strafbare vorsätzliche Körperverletzung anzusehen ist, Ansprüche auf Opferentschädigung nur, wenn der Eingriff objektiv in keiner Weise mehr dem Wohl des Patienten dient. Davon ist auszugehen, wenn gesundheitliche Belange des Patienten beim Eingriff nur noch eine untergeordnete Rolle spielen und Eigeninteressen des Arztes für den Eingriff leitend sind (Anschluss: LSG München, Urteil vom 21.07.2016, L 15 VG 31/14).
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1961 geborene Kläger stellte am 02.12.2015 einen Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG.
Dabei gab er an im März/April 2007 sich im Garten in H. beim Umstechen durch Abrutschen vom Spaten am rechten Fußknöchel und der Sehne selbst verletzt zu haben. Er sei am 04.12.2007 in der L.-Klinik von Dr. K. operiert worden. Dieser sagte, dass eine Operation erfolgen müsse, da sonst die Sehne reiße. Eine OP-Überweisung in Klinikum B. habe Dr. K. abgelehnt, da er ja selbst Chirurg gewesen sei und es selbst machen könne. Am 04.12.2007 sei für die Operation alles vorbereitet gewesen. Allerdings sei um 16.00 Uhr der linke Fuß zur Operation vorbereitet gewesen. Als die Narkoseärztin eine Spritze geben wollte, habe er sagen müssen, dass dies der falsche Fuß sei. Es hätte der rechte Fuß operiert werden müssen. Daraufhin sei die Spritze runtergefallen. Er habe daraufhin nicht mehr operiert werden wollen. Man habe aber so lange auf ihn eingeredet, dass er der Operation (Sehnenrevision) doch zugestimmt habe. Dr. W. habe gesagt, was das für Trottel gewesen seien und es nicht habe operiert werden müssen. Nach der Operation sei keine Besserung eingetreten. Er habe unter starken Schmerzen gelitten und leide auch noch weiter darunter. Man habe versucht zivilrechtliche Ansprüche gegen Dr. K. und gegen die Praxisnachfolger durchzusetzen. Dies sei aber gescheitert. Dr. K. habe gegen den Kläger Gewalt ausgeübt in dem die Operation nicht im Klinikum B. durchgeführt worden sei und hierdurch massivste Beschwerden entstanden sind. Es sei auch massive psychische Gewalt ausgeübt worden, damit der Kläger sich nicht im Klinikum B. operieren ließe, um diesen dann massivst fehlerhaft zu behandeln. Man habe auf ihn eingeredet und psychisch am Weggehen gehindert. Er leide immer noch an massiven körperlichen Schmerzen, könne nicht Fahrradfahren und es bestehe eine psychische Belastung. Auch die Nachbehandlung bei Frau Dr. A. sei fehlerhaft verlaufen.
Eine Strafanzeige wurde nicht erstattet.
Mit Bescheid vom 15.04.2015 stellte das Zentrum Bayern Familie und Soziales Versorgungsamt beim Kläger einen Grad der Behinderung von 20 fest. Es bestehe eine Funktionsbehinderung des oberen Sprunggelenks rechts, Tibialis Posterior Syndrom rechts sowie Bluthochdruck.
Der Beklagte hat die Akten des Landgerichts C., Aktenzeichen XY beigezogen. Hieraus war zu entnehmen, dass die Klage mit Urteil vom 23.12.2014 abgewiesen wurde. Ein anzulastender Behandlungsfehler liege nicht vor. Eine hiergegen eingelegte Berufung wurde mit Beschluss vom 19.08.2015 zurückgewiesen.
Mit Bescheid vom 01.12.2016 wurde der Antrag auf Beschädigtenversorgung abgelehnt. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff läge nicht vor. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff müsse in feindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper abzielen. Ein ärztlicher Eingriff, welcher fachgerecht durchgeführt wurde und medizinisch indiziert sei, falle nicht darunter, da die körperliche Integrität nicht rechtswidrig in strafbarer Weise verletzt worden sei. Der Arzt schulde keinen Behandlungs- oder Heilerfolg, sondern lediglich eine fachgerechte, dem wissenschaftlichen Standard entsprechende Behandlung. Das Landgericht C. habe das Vorliegen eines Behandlungsfehlers verneint.
Hiergegen legte die Bevollmächtigte des Klägers am 03.03.2016 Widerspruch ein. Es habe keine fachgerechte und dem wissenschaftlichen Standard entsprechende Behandlung des Klägers vorgelegen. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass das Landgericht das Vorliegen eines Behandlungsfehlers verneint habe. Der Kläger habe in seiner Antragstellung ausdrücklich und anschaulich geschildert, inwiefern die Operation technisch nicht korrekt durchgeführt worden sei. Dies gelte auch f...