Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer lediglich in Ausnutzung einer formalen Rechtsposition ohne eigenen Nutzen erhobenen Klage
Orientierungssatz
1. Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Es muss mit den Beteiligten klären, was gewollt ist und darauf einwirken, dass sachdienliche Anträge gestellt werden.
2. Eine Klage ist unzulässig, wenn es sich dabei um missbräuchliche Rechtsverfolgung handelt. Das ist u. a. der Fall, wenn die Erhebung einer Untätigkeitsklage sich lediglich als Ausnutzung einer formalen Rechtsposition ohne eigenen Nutzen und zum Schaden für den anderen Beteiligten darstellt.
3. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn der Kläger mit seiner Untätigkeitsklage ein Begehren verfolgt, für das ihm eine materielle Rechtsgrundlage unter keinem erkennbaren Gesichtspunkt zusteht. Das Gleiche gilt, wenn eine ausbleibende Widerspruchsentscheidung gerügt wird, ohne dass zuvor ein Leistungsantrag gestellt worden ist.
4. Die Erhebung einer reinen Untätigkeitsklage im Hinblick auf den Erlass eines Widerspruchsbescheides, dessen Erlass nicht zulässig ist und der keinen denkbaren gesetzesentsprechenden Gegenstand hat, stellt sich als rechtsmissbräuchlich dar.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger begehren im Wege der Untätigkeitsklage den Erlass von Bescheiden durch den Beklagten.
Die 1964 geborene Klägerin zu 1, gelernte Altenpflegerin, und der 1966 geborene Kläger zu 2, Diplom-Psychologe, beziehen seit 01.08.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II), und zwar zunächst beim Rechtsvorgänger des Beklagten (ARGE Arbeitsagentur - Landkreis Bamberg, im Folgenden zu Vereinfachungszwecken ebenfalls als Beklagter bezeichnet) und seit 01.01.2011 beim Beklagten.
Der Kläger zu 2 setzte den Beklagten mit der Erstantragstellung davon in Kenntnis, dass er sich für alleinerbberechtigt bezüglich des Nachlasses seiner 1915 geborenen und 2004 verstorbenen Großmutter (MD) sowie seines 1985 verstorbenen Großvaters (KD) halte. Bezüglich des Nachlasses der MD betrieb der Kläger zu 2 Rechtsstreitigkeiten gegen die anderen Erbprätendenten, nämlich gegen seine Stiefmutter (IW) und seine Halbschwester (UW); hierbei war zwischen dem Kläger zu 2 und IW streitig insbesondere, ob der Kläger zu 2 Erbe nach MD geworden ist oder ob ihm lediglich ein Pflichtteilsanspruch gegen IW zusteht.
In mehreren Schreiben seit dem 20.07.2005 (Bl. 36 der Beklagtenakte) teilte der Kläger zu 2 dem Beklagten seine Rechtsauffassung mit, wonach der Beklagte nach § 33 SGB II verpflichtet sei, die Erbrechtsstreitigkeiten für ihn zu betreiben.
Der Beklagte hörte mit Schreiben vom 01.08.2005 IW zu einem Übergang des Pflichtteilsanspruchs des Klägers zu 2 gem. § 33 Abs. 1 SGB II an. Mit Schriftsatz vom 05.09.2005 teilte der Prozessbevollmächtigte von IW mit, dass die Ansprüche des Klägers zu 2 gegen IW sowohl der Qualität als auch der Quantität nach strittig seien. Der Kläger zu 2 habe den vom Nachlassgericht erteilten Erbschein angegriffen; eine Entscheidung sei noch nicht getroffen. Der Beklagte möge mitteilen, in welcher Höhe sich die an den Kläger zu 2 erbrachten Leistungen bewegten, damit IW gegebenenfalls schuldbefreiend an den Beklagten leisten könne.
In einem Widerspruchsbescheid vom 26.10.2005 betreffend die Leistungshöhe für den Zeitraum 15.07.2005 bis 31.12.2005 führte der Beklagte aus, auf eine förmliche Überleitung des Verfahrens nach § 33 SGB II könne verzichtet werden, da bereits ein Gerichtsverfahren anhängig sei und IW über die Leistungsgewährung durch den Rechtsvorgänger des Beklagten informiert sei. Die Kläger seien im Rahmen der Mitwirkungspflicht nach § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet, Zahlungseingänge aus dem Erbe unverzüglich mitzuteilen. Mit Widerspruch vom 04.01.2006 gegen die Folgebewilligung vom 16.12.2005 für den Zeitraum 01.01.2006 bis 30.06.2006 beanspruchten die Kläger Schadensersatz in Höhe der Differenz von 2.000,00 € und den erbrachten Leistungen gegen den Beklagten, da es aufgrund der aufgenommenen Verhandlungen mit IW bzw. deren Prozessbevollmächtigtem in der alleinigen Verantwortung des Beklagten liege, dass die Kläger ihre Hilfebedürftigkeit nicht schon viel eher durch den Zugriff auf das Erbe des Klägers zu 2 hätten beenden können.
Am 04.11.2005 übersandte der Kläger zu 2 dem Beklagten ein Konvolut Unterlagen bezüglich der Nachlasssachen nach KD und MD. Ende 2005 leitete er ein Strafverfahren gegen seine ehemalige Prozessbevollmächtigte ein und erhob Verfassungsbeschwerde sowie Richteranklage zum Bundesverfassungsgericht gegen die am bisherigen Erbrechtsstreit beteiligten Richter am Nachlassgericht R. und am Landgericht R.. Weiter betrieb er ein Zwangsvollstreckungsverfahren gegen IW über eine Abschlagsforderung in Höhe von 65.000,00 €. Am 10.02.2006 bot...