Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisbarkeit einer Kauffrau für Bürokommunikation bei beantragter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung - Umfang und Grenzen der Bindungswirkung eines Rentenbescheides
Orientierungssatz
1. Bei nach § 240 SGB 6 beantragter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist einer zuletzt als Kauffrau für Bürokommunikation Rente nicht zu gewähren, wenn sie die Tätigkeiten einer Sekretärin bzw. Büroangestellten noch sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann.
2. Die inhaltlich getroffene Feststellung eines Versicherungsfalls wird von der Bindungswirkung eines ergangenen Bescheides nicht umfasst. Bei einem ablehnenden Rentenbescheid gehört der Eintritt des Versicherungsfalls nicht zum Verfügungssatz. Die Ausführungen in der Begründung eines Bescheides sind im Unterschied zum Verfügungssatz nicht bindend.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1958 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur Gehilfin in wirtschafts- und steuerberatenden Berufen durchlaufen, die Prüfung jedoch ohne Erfolg abgelegt. Sie war zuletzt bis 31.12.2009 als Sekretärin/ Büroangestellte beschäftigt. Von Mai 2010 bis Mai 2011 übte die Klägerin eine selbständige Tätigkeit aus.
Sie beantragte am 25.10.2008 erstmals Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, welche von der Beklagten nach Auswertung des Rehaentlassungsberichtes der Klinik Z. sowie der beigezogenen Befundberichte der behandelnden Ärzte mit Bescheid vom 26.01.2009 abgelehnt wurde. Die Klägerin sei seit dem 14.04.2008 voll erwerbsgemindert. Sie erfülle jedoch nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Im maßgeblichen Zeitraum vom 14.04.2003 bis 13.04.2008 seien nur 28 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt. Die Voraussetzungen des § 240 SGB VI seien ebenfalls nicht erfüllt, da wegen Beitragsbeanstandung der Zeitraum Januar 2001 bis Dezember 2005 nicht mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch begründete die Klägerin mit einer bereits seit Kindheit bestehenden Scheuermann‚schen Erkrankung. Für den maßgeblichen Zeitraum sei daher auf vorherliegende Beitragszeiten abzustellen.
Die Beklagte wies den Widerspruch nach Beiziehung weiterer Befundberichte durch Widerspruchsbescheid vom 22.10.2009 zurück. Für eine bereits seit einem Leistungsfall in den Jahren 1995 und 1999 andauernde Leistungsminderung böten auch die nunmehr vorliegenden Unterlagen keinen Anhaltspunkt. Die vorliegende Erwerbsminderung sei erst mit Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 14.04.2008 eingetreten.
Am 18.03.2010 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte lehnte den Antrag nach Begutachtung durch die Dres. A. auf internistischem und B. auf orthopädischem Fachgebiet mit Bescheid vom 19.07.2010 ab. Die Klägerin erfülle die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht. Die Klägerin sei seit 14.04.2008 erwerbsgemindert. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2011 mit im Wesentlichen inhaltsgleicher Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück. Im Zeitraum vom 14.04.2003 bis 13.04.2008 seien nur 28 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt.
Hiergegen erhob die Klägerin am 10.05.2011 Klage zum Sozialgericht Chemnitz. Zur Begründung führte sie an, dass der Versicherungsfall der Erwerbsminderung bereits vor April 2008 eingetreten sei. Bereits im Januar 2006 habe eine Versteifung des Rückens im Raum gestanden und seit Frühjahr 2007 sei sie an einem Lipödem erkrankt. Dementsprechend habe bereits bei Eintritt der Symptome des Lipödems volle Erwerbsminderung vorgelegen. Auch sei die Beurteilung des Zeitraums nach April 2008 durch die Beklagte fehlerhaft. Sie sei bereits seit Oktober 2009 wieder voll erwerbsfähig. Ihr sei im Januar 2009 der gesamte Magen entfernt worden und ein Schlauchmagen mit ca. 100 ml Restvolumen gebildet worden. Dadurch habe sie innerhalb von acht Kalendermonaten ihr Körpergewicht von ca. 160 kg auf 100 kg reduziert. Infolgedessen habe sich auch der Körperumfang an Armen und Beinen, das heißt an denen sich das Lipödem ausgeprägt hatte, reduziert und zwar so weit, das Arbeitsfähigkeit im Oktober 2009 eingetreten sei. Im Frühjahr 2010 habe sich das Lipödem erneut gebildet und es sei zu einer neuerlichen Gewichtszunahme auf ca. 125 kg mit begleitender Umfangserweiterung durch Wassereinlagerung im Bereich beider Knie und Oberarme gekommen. Die Einschätzung der Beklagten, es handele sich um einen einheitlichen Leistungsfall sei daher fehlerhaft. Sie sei vielmehr zwischendurch gesund und arbeitsfähig gewesen. Im Übrigen habe sie mehr als 20 Jahre Beiträge entrichtet, so dass es nicht mehr auf die Rahmenfrist von 36 Kalendermonaten ankomme und in diesem Falle ein Anspruch nach § 50 Abs. 2 SGB VI bestehe.
Nach Beiziehung der e...