Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld-II-Bezieher. Abgrenzung der Krankenversicherungspflicht in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung
Orientierungssatz
1. "Unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II" privat krankenversichert ist nur, wer am Tage vor dem Beginn der Leistungsgewährung privat krankenversichert war. Nicht ausreichend dagegen ist, dass die letzte in der Vergangenheit bestehende Versicherung eine private Krankenversicherung war.
2. Auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 5 Abs 5a S 1 SGB 5 auf Bezieher von Arbeitslosengeld II, die zuletzt zwar privat krankenversichert waren, aber diesen Schutz schon mehrere Monate vor Beginn des Arbeitslosengeld-II-Bezuges verloren haben, liegen nicht vor, weil eine planwidrige Regelungslücke nicht besteht.
Tenor
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller ab Zustellung dieses Beschlusses vorläufig bis zum 30. Juni 2010, längstens jedoch bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens Leistungen wie einem pflichtversicherten Mitglied nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Dem Antragsteller wird für das Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M. P. gewährt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Aufnahme als pflichtversichertes Mitglied bei der Antragsgegnerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V.
Der Antragsteller war selbstständig tätig und bei der B… Krankenversicherung privat krankenversichert. Die private Krankenversicherung (PKV) endete zum 01.07.2008. Zum 31.12.2008 meldete der Antragsteller sein Gewerbe ab. Seine selbstständige Tätigkeit hatte er nach eigenen Angaben jedoch bereits deutlich früher aufgegeben. Seit dem 09.10.2009 bezieht der Antragsteller Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II).
Im Oktober 2009 wurde der Antragsteller stationär behandelt, wobei eine bipolare affektive Störung diagnostiziert wurde. Er bedarf insofern weiterer ambulanter ärztlicher und medikamentöser Behandlung.
Die Antragsgegnerin nahm den Antragsteller zunächst als pflichtversichertes Mitglied auf, teilte ihm dann jedoch mit Schreiben vom 15.01.2010 mit, dass wegen der vorhergehenden privaten Krankenversicherung keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bestehe. Die B… lehnte eine Aufnahme des Antragstellers in die PKV unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach bestehende Versicherungspflicht in der GKV wegen Arbeitslosengeld II - Bezuges ab.
Am 08.02.2010 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit der er die vorläufige Pflichtversicherung und die vorläufige Gewährung von Krankenversicherungsschutz begehrt. Zugleich hat er einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt P. gestellt.
Er ist der Ansicht, er sei als Arbeitslosengeld II - Empfänger pflichtversichertes Mitglied der Antragsgegnerin und der Ausschluss nach § 5 Abs. 5a SGB V greife nicht ein.
Der Antragsteller beantragt wörtlich,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsgegner vorläufig als Pflichtmitglied zu versichern und die gesetzlichen Leistungen gem. SGB V zu erbringen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Antragsteller sei wegen Eingreifens des Ausschlusses nach § 5 Abs. 5a SGB V nicht versicherungspflichtig, da er zuletzt privat krankenversichert gewesen sei und deshalb die private Krankenversicherung zuständig sei. Der Antragsteller sei vor Beginn des Arbeitslosengeld II - Bezuges gemäß § 193 Abs. 3 VVG verpflichtet gewesen, sich privat krankenzuversichern. Die Regelung des § 5 Abs. 5a, 1. Alt. SGB V sei unter Berücksichtigung des § 193 Abs. 3 VVG dahingehend zu verstehen, dass als privat krankenversichert auch Personen anzusehen seien, deren Versicherung vor dem Leistungsbezug geendet habe. Auch sei keine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakten und auf die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig und in dem austenorierten Umfang auch erfolgreich.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes voraus. Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, wenn sein Bestehen überwiegend wahrscheinlich ist (Thomas/Putzo, ZPO, § 294 RdNr. 2). Diese Voraussetzungen s...