Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Festsetzung der Prozesskostenhilfe-Anwaltsvergütung. Bestimmung der Verfahrensgebühr. Berücksichtigung der Anwaltstätigkeit vor Beiordnung. Gleichbehandlung mit den sozialgerichtlichen Fällen, in denen streitwertabhängige Gebühren entstehen

 

Leitsatz (amtlich)

Auch Tätigkeiten vor dem Wirksamwerden der Beiordnung sind im Prozesskostenhilfe-Verfahren bei der Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, sofern Betragsrahmengebühren anfallen.

 

Tenor

Auf die Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 15. April 2009 (Az. S 102 AS …./07) wird die vom Erinnerungsgegner dem Erinnerungsführer im Wege der Prozesskostenhilfe zu gewährende Vergütung auf 378,42 EUR festgesetzt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin erhob, vertreten durch den Erinnerungsführer, mit dem Schriftsatz vom 17. Dezember 2007 Klage gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten über die Rückforderung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 972,66 Euro. Mit der Klageschrift wurde die Klage begründet und Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Durch Beschluss vom 15. Mai 2008 wurde der Klägerin für das sozialgerichtliche Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Erinnerungsführers mit Wirkung ab dem 08. Februar 2008 bewilligt.

Am 11. November 2008 beantragte der Erinnerungsführer nach Abschluss des Klageverfahrens in der Hauptsache im Prozesskostenhilfeverfahren die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 654,50 Euro. Nach einem Hinweis des Urkundsbeamten des Sozialgerichts änderte er diesen Vergütungsfestsetzungsantrag mit Schriftsatz vom 18. Februar 2009 wie folgt:

Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG

170,00 EUR

Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1005 VV RVG

190,00 EUR

Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG

 20,00 EUR

Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG

 72,20 EUR

Gesamtbetrag

452,20 EUR.

Mit Beschluss vom 15. April 2009 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die dem Erinnerungsführer zu gewährenden auf den Betrag von 307,02 EUR fest. Dabei legte sie folgende Berechnung zugrunde:

Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG

110,00 EUR

Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG

128,00 EUR

Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG

 20,00 EUR

Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG

 49,02 EUR

Gesamtbetrag

307,02 EUR.

Zur Begründung führte die Urkundsbeamtin u. a. aus, dass für die Bemessung der Verfahrensgebühr nur Handlungen nach Wirksamwerden der Beiordnung berücksichtigt werden könnten. Für Tätigkeiten vor dem Wirksamwerden der Beiordnung erwerbe der Rechtsanwalt keinen Anspruch gegen die Staatskasse. Der früheste Zeitpunkt, auf den die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zurückwirken könne, sei nach dem Beschluss vom 15. Mai 2008 der 08. Februar 2008. Nach diesem Zeitpunkt habe der Beigeordnete nur den Klageantrag mit Schriftsatz vom 24. April 2008 erweitert und mit Schriftsatz vom 06. November 2008 das Verfahren für erledigt erklärt. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei als unterdurchschnittlich anzusehen. Das Verfahren sei von durchschnittlicher anwaltlicher Schwierigkeit. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin läge über dem Durchschnitt, hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse sei von unterdurchschnittlichen Verhältnissen auszugehen. Es sei eine Verfahrensgebühr in Höhe von 110,00 Euro als billig anzusehen. Statt der nicht angefallenen Erledigungsgebühr sei die Terminsgebühr festzusetzen, deren Bemessung in Anlehnung an die Verfahrensgebühr bzw. die ihr zugrunde liegenden Kriterien zu erfolgen habe.

Gegen die Festsetzung der Verfahrensgebühr richtet sich die Erinnerung vom 29. April 2009, die hier am 04. Mai 2009 eingegangen ist. Der Erinnerungsführer beantragt unter Zugrundelegung der Mittelgebühr von 170,00 Euro die Festsetzung der Vergütung auf 378,42 Euro. Er verweist darauf, dass § 14 RVG ihm einen Ermessensspielraum zubillige. Es sei nicht ersichtlich, die Gebühr unterhalb der Mittelgebühr festzusetzen. Der Argumentation, dass die den PKH-Antrag beinhaltende Klageschrift bei der Tätigkeit des Anwaltes nicht zu berücksichtigen sei, könne er nicht folgen.

Der Erinnerungsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss und verweist auf die dortigen Gründe.

II.

Der Gesamtbetrag der dem beigeordneten Erinnerungsführer zustehenden Vergütung ergibt sich aus der nachfolgenden Berechnung:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG

170,00 EUR

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG

200,00 EUR

Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG

 20,00 EUR

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG

  74,10 EUR

Summe

464,10 EUR.

Da der Erinnerungsführer mit der Erinnerung unter Zugrundelegung der im Beschluss angesetzten Terminsgebühr von 128,00 Euro lediglich die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 378,42 Euro begehrt, konnte ein darüber hinausgehender Betrag nicht festgesetzt werden. Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss ist somit hinsichtlich der Festsetzung der T...

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