Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Erstattung der außergerichtlichen Kosten eines Beschwerdeverfahrens. Verzinsung von Vorverfahrenskosten mit anschließendem Klageverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kosten des Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahrens sind gemäß § 127 Abs 4 ZPO weder durch den Prozessgegner noch durch die Staatskasse zu übernehmen.

2. Kosten des Widerspruchsverfahrens, dem ein Klageverfahren folgt, sind ebenso wie andere Kosten des Gerichtsverfahrens auf Antrag zu verzinsen.

 

Tenor

Auf die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts vom 20. Januar 2010 (Az. S 80 AL …/07) wird dieser Beschluss dahingehend ergänzt, dass ein weiterer Betrag von 309,40 EUR ab dem 13. Mai 2009 mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen ist. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Die Erinnerungsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Erinnerungsführerin zu 10 Prozent zu erstatten.

 

Gründe

Die zulässige Erinnerung vom 25.02.2010, hier eingegangen am selben Tag, ist nur zum Teil begründet. Sie hat keinen Erfolg, soweit die Festsetzung einer Verfahrensgebühr gem. Nr. 3501 VV RVG für die anwaltliche Vertretung im erfolgreichen Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren geltend gemacht wird. Der Erinnerung ist zu folgen, soweit damit die Verzinsung auch der festgesetzten Vorverfahrenskosten begehrt wird.

Zu Recht ist im Kostenfestsetzungsbeschluss die beantragte Festsetzung von Kosten für das Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren unter Hinweis auf die Kostenentscheidung im Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 09.09.2008 (Az. L 12 B …/07 AL PKH) abgelehnt worden. Mit diesem Beschluss hat das LSG zwar der Erinnerungsführerin Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht gewährt, aber zugleich entschieden, dass außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu erstatten sind. Die Kostenentscheidung hat es auf § 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestützt.

Entgegen der Ansicht der Erinnerungsführerin folgt aus dieser Kostenentscheidung nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht nur, dass Kosten für das PKH-Beschwerdeverfahren durch die Landeskasse nicht zu erstatten sind. Vielmehr ergibt sich daraus auch, dass der jeweilige Prozessgegner im Hauptsacheverfahren Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu tragen hat (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 14.03.2011, L 6 R 131/11 B, zitiert nach juris Rn. 3; OLG Hamburg, Beschluss v. 16.04.2002, 8 W 72/02; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Nr. 3335 Rn. 80; Fischer in: Musielak, ZPO, 8. Aufl., § 127 Rn. 29; Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 127 Rn. 11). Deshalb wird eine Kostenentscheidung im PKH-Beschwerdeverfahren in der Rechtsprechung wohl überwiegend sogar für entbehrlich gehalten (BGH, Beschluss v. 09.03.2010, VI ZB 56/07; LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.; LSG Bayern, Beschluss v. 22.10.2009, L 7 AS 525/09 B PKH; zitiert nach juris). Aus § 127 Abs. 4 ZPO folgt zudem, dass Kosten des PKH-Beschwerdeverfahrens nicht etwa als Vorbereitungskosten der Hauptsache auf der Grundlage einer für den Kläger günstigen Kostenentscheidung des Hauptsacheverfahrens erstattet werden können (KG Berlin, Beschluss v. 21.03.1995, 1 W 6642/93; OLG Hamburg, Beschluss v. 16.04.2002, 8 W 72/02; OLG München, Beschluss v. 18.06.2001, 11 W 1589/01; Müller-Rabe, a. a. O.; Fischer, a. a. O.).

Die Kosten für die anwaltliche Vertretung im PKH-Beschwerdeverfahren kann die Erinnerungsführerin hier auch nicht im Wege der Prozesskostenhilfe gegen die Staatskasse geltend machen. Dies folgt ebenfalls aus der gesetzlichen Regelung in § 73a Abs. 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO. Soweit das LSG Rheinland-Pfalz in dem Beschluss vom 06.08.2007 (Az. L 3 B 307/06 AS, zitiert nach juris) auf der Grundlage von § 193 Abs. 1 SGG eine Kostenübernahmepflicht der Staatkasse für das erfolgreiche Beschwerdeverfahren annimmt, kann das nicht überzeugen. Diese Ansicht übersieht zum Einen die spezielle Regelung in § 127 Abs. 4 ZPO und zum Anderen den Umstand, dass die Staatkasse keine Beteiligte i. S. d. § 193 Abs. 1 SGG ist und dementsprechend nicht auf dieser Rechtsgrundlage zur Kostenerstattung verpflichtet sein kann (so überzeugend: LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.; SG Berlin, Beschluss v. 20.09.2010, S 127 SF 792/09 E, unveröffentlicht).

Die Erinnerung hat dagegen bezüglich der begehrten Verzinsung der Vorverfahrenskosten Erfolg. Zu Unrecht ist im angefochtenen Beschluss die beantragte Verzinsung der Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 309,40 EUR abgelehnt worden.

Zur Frage der Verzinsung von Kosten des Widerspruchsverfahrens im Rahmen der Kostenfestsetzung nach § 197 SGG verweist die Kammer auf ihren Musterbeschluss vom 20.01.2010 (Az.: S 180 SF 1459/09 E, zitiert nach juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Darin wird wie folgt ausgeführt:

“Entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin hat ...

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