Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Anfechtungsklage gegen einen die Prognose des Krankenhausträgers gem § 136b Abs 4 S 6 SGB 5 widerlegenden Verwaltungsakt. aufschiebende Wirkung. keine vorläufige Erbringung der mindestmengenbelegten Leistung. Erlaubnis zur Leistungsbewirkung erfordert Feststellung durch Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen. maßgeblicher Zeitpunkt und inhaltlicher Maßstab für gerichtliche Überprüfung der Prognosedarlegung. Leistungserbringungsverbot (hier: für "Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas") verletzt nicht Grundrecht der Berufsfreiheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anfechtungsklage gegen einen die Prognose des Krankenhausträgers gem § 136b Abs 4 S 6 SGB 5 widerlegenden Verwaltungsakt hat gem § 86a Abs 1 SGG aufschiebende Wirkung.

2. Die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 S 1 SGG gegen den die Prognose widerlegenden Verwaltungsakt und der damit einhergehende Suspensiveffekt führen noch nicht dazu, dass aus einem Umkehrschluss nach § 136b Abs 4 S 1 SGB 5 das Krankenhaus die mindestmengenbelegte Leistung vorläufig erbringen dürfte.

3. Um nicht dem Leistungsverbot nach § 136b Abs 4 S 1 SGB 5 zu unterliegen, ist eine entsprechende Feststellung erforderlich.

4. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Prognosedarlegung des Krankenhausträgers nach § 136b Abs 4 S 3 SGB 5 ist die Entscheidung der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen.

5. Inhaltlicher Maßstab für die gerichtliche Überprüfung der Prognosedarlegung des Krankenhausträgers nach § 136b Abs 4 S 3 SGB 5 sind nur die bis zur Entscheidung der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen durch den Krankenhausträger mitgeteilten oder den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen anderweitig bekannten Anknüpfungstatsachen. Tatsächlich vorliegende, aber nicht mitgeteilte Anknüpfungstatsachen bleiben außer Betracht.

 

Orientierungssatz

1. Durch das Verbot, im Kalenderjahr 2019 Leistungen in Form "Komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas" bewirken zu dürfen, wird der Krankenhausträger nicht in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art 12 Abs 1 GG verletzt.

2. Az beim LSG Berlin-Potsdam: L 1 KR 196/19 B ER.

 

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 44.999,42 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes über die Widerlegung einer Mindestmengenprognose für Leistungen in Form Komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas.

Die Antragstellerin betreibt ein in den Krankenhausplan des Landes Berlin aufgenommenes Krankenhaus. Sie ist im Krankenhausplan mit 123 Betten im Gebiet Chirurgie, darunter 43 Betten des Teilgebiets Allgemeine Chirurgie, ausgewiesen. Sie erbrachte in der Vergangenheit auf verschiedenen Gebieten Leistungen, für die das Erreichen von Mindestmengen vorgesehen ist. Bei den Antragsgegnern handelt es sich um die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen im Land Berlin.

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2018 baten die Antragsgegner die Antragstellerin im Hinblick auf mindestmengenbelegte Leistungen um Prognosedarlegung für das Jahr 2019. Da sie eine angemessene Zeit für die Prognosebewertung und das gemeinsame Votum (Prognosebestätigung oder -widerlegung) benötigten und bereits das IV. Quartal angebrochen sei, baten die Antragsgegner dies in den Planungen zu berücksichtigen und die zur Beurteilung benötigten Unterlagen bis spätestens zum 15. November 2018 zu übermitteln.

Mit E-Mail vom 5. November 2018 legte die Antragstellerin gegenüber den Antragsgegnern unter anderem die Prognose der Mindestmengen für Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas wie folgt dar:

I. Quartal 2017

II. Quartal 2017

III. Quartal 2017

IV. Quartal 2017

Gesamt 2017

Anzahl

9

3

1

3

16

I. Quartal 2018

II. Quartal 2018

Prognose 2019

Anzahl

3

0

11

Mit Schreiben vom 13. November 2018 bestätigten die Antragsgegner den Eingang der Unterlagen. Sie würden spätestens bis zum 31. Dezember 2018 das gemeinsame Votum (Prognosebestätigung oder -widerlegung) mitteilen.

Mit Schreiben vom 29. November 2018 wiesen die Antragsgegner die Antragstellerin darauf hin, dass sie in der zur Verfügung gestellten Übersicht für den Leistungsbereich Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für die letzten zwei Quartale des Kalenderjahres 2017 und die ersten zwei Quartale des laufenden Kalenderjahres 2018 lediglich 7 Leistungen für diesen Leistungsbereich angebe und damit unter der nach den Mindestmengenregelungen (Mm-R) erforderlichen Leistungsmenge liege. Im Hinblick auf die Prognose 2019 gehe sie von 11 Leistungen im Bereich Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas aus. Weitergehende Erläuterungen zur Prognosedarlegung nach Mm-R seien von ihr nicht beigebracht worden. Die Antragsgegner baten nunmehr vollständig und abschließend darum, die Gründe mitzuteilen, aus denen sich nach Auffassung der Antragstellerin darlegen lasse, dass im Kalenderjahr 2019 die erforderlich...

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