Orientierungssatz

Ein Ausländer, dem nach Ablauf seiner - auch eine Beschäftigung erlaubenden - Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG 2004 eine Fiktionsbescheinigung über das Fortbestehen der Aufenthaltserlaubnis bis zur Entscheidung über die Verlängerung seines Aufenthaltstitels (§ 81 Abs 4, Abs 5 AufenthG 2004) erteilt wurde, ist nicht leistungsberechtigt nach § 7 SGB 2 und nicht erwerbsfähig iS von § 8 Abs 2 SGB 2, wenn die Fiktionsbescheinigung mit der auflösenden Nebenbestimmung versehen wurde, dass sie "mit Bezug von Leistungen nach dem SGB 2 oder SGB 12" erlischt.

 

Gründe

Der Antrag des Antragstellers,

den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß SGB II ab dem 17. Februar 2006 zu gewähren,

hat gemäß § 86 b Abs. 2 SGG keinen Erfolg.

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 920 Abs. 2 ZPO).

Der Antragsteller ist nicht leistungsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II. Denn er hat nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB II). Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II haben Ausländer ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, wenn die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 2 SGB II vorliegen und sie nicht Leistungsberechtigte nach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz sind. Demnach muss dem Ausländer die Aufnahme einer Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II erlaubt sein oder erlaubt werden können. Insoweit kann dahinstehen, ob die - auch nach Ablauf der Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Fiktion des Fortbestehens (§ 81 Abs. 4 AufenthG) entsprechend der dem Antragsteller vom Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) am 16. Februar 2006 erteilten Fiktionsbescheinigung (§ 81 Abs. 5 AufenthG) - bestehende Berechtigung des Antragstellers nach § 16 Abs. 3 AufenthG zur Ausübung einer Beschäftigung, die insgesamt 90 Tage oder 180 halbe Tage im Jahr nicht übersteigt, dem Erfordernis des § 8 Abs. 2 SGB II entspricht (zustimmend Eicher/Spellbrink, SGB II, § 8 Rdnr. 58). Denn auch wenn man davon ausgeht, dass die Fiktion des Fortbestehens der Aufenthaltserlaubnis dem Antragsteller die Aufnahme einer Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II erlaubt, könnte der Antragsteller kein Arbeitslosengeld II beanspruchen. Denn die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II hätte das Erlöschen der Fiktion des Fortbestehens der Aufenthaltserlaubnis und damit auch der Arbeitsberechtigung zur Folge, weil das LABO die Fiktionsbescheinigung u.a. mit der Nebenbestimmung "Erlischt mit Bezug von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII" versehen hat. Mit dem Bezug von Arbeitslosengeld II hätte der Antragsteller demnach auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II und somit seine Leistungsberechtigung nach dem SGB II verloren. Es wäre jedoch rechtsmissbräuchlich, eine Leistung zu verlangen, die umgehend zurückgefordert werden könnte. Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, dass er gegen die Nebenbestimmung des LABO Widerspruch erhoben hat. Sie ist zudem als auflösende Bedingung auf der Rechtsgrundlage der §§ 12 Abs. 2 i.V.m. 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Vorschriften lassen Beschränkungen des Aufenthalts im Sinne der vom LABO erlassenen Nebenbestimmung auch bei einem fiktiven Aufenthaltsrecht zu; denn dieses kann keine weitergehenden Rechtswirkungen entfalten als der Aufenthaltstitel (vgl. Hailbronner, AuslR, § 12 AufenthG Rdnr. 8).

Nach dem Vorstehenden ist auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückzuweisen (vgl. §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 Satz 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1751509

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